BGH stärkt Sparkassen den Rücken – Kein Recht auf ewiges Sparen
Eine ganze Reihe von Sparkassen hat in den vergangenen Jahren Prämiensparverträge ihrer Kunden mangels ausreichender Refinanzierungsmöglichkeiten gekündigt. Für den Kunden besonders attraktiv wurden diese Verträge auf Grund der stetig ansteigenden Prämien, die im Einzelfall – hier nach 15 Jahren – auf 50 % der jährlichen Sparleistung anstiegen. Dementsprechend sahen die Kunden sich nach einer bankseitigen Kündigung in ihren Erwartungen enttäuscht.
Schließlich hat die Sparkasse mit den ansteigenden Prämien einen Anreiz für einen langfristigen Vermögensaufbau gesetzt. Teilweise wurden die Verträge anhand von Beispielrechnungen bezogen auf einen Zeitraum von 25 Jahren beworben. Eine feste Laufzeit wurde nicht vereinbart. Die spannende Frage lautet deshalb: Hat sich die Sparkasse stillschweigend ein Kündigungsverbot auferlegt, und wenn ja, für wie lange?
Kündigungsausschluss ist eingeschränkt
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Frage in einem Urteil vom 14.5.19 beantwortet: Ein Anspruch des Kunden auf Besparung besteht nur bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe, im konkreten Fall: bis zum 15. Jahr. Anschließend kann die Sparkasse den Vertrag einseitig beenden, wenn ein sachgerechter Grund vorliegt. Und ein solcher Sachgrund sei wegen des lange anhaltenden Niedrigzinsumfelds zu bejahen, so der BGH. „Ein salomonisches Urteil“, bewertet Guido Perkams, Partner in der Essener Wirtschaftskanzlei Kümmerlein Rechtsanwälte & Notare, die Entscheidung des BGH. Kunden hätten bei Abschluss des Sparvertrages regelmäßig die höchste Prämienstufe im Blick: Dieses Ziel können sie stets erreichen, und der Vertrag lohnt sich für sie auf jeden Fall. Sicherlich könne man die Argumentation des BGH hinterfragen. Denn durch die gleichbleibenden Folgeprämien nach 15 Jahren bleibe der Vertrag für den Kunden weiterhin lukrativ. Dass das Rechenbeispiel im Werbeflyer über 15 Jahre hinausging, komme ja nicht von ungefähr, so der Bankrechtsexperte. „Man spürt förmlich, dass der BGH hier den Sparkassen entgegenkommen und ihnen einen Exit ermöglichen wollte.“
Folgen des BGH-Urteils
Sparkassen können das Urteil als Erfolg für sich verbuchen. „Vermutlich werden sich nun auch andere Sparkassen von Prämiensparverträgen trennen“, prophezeit Perkams. Ob das Urteil des BGH dazu führt, dass Banken nun auch andere, „teuer“ gewordene Sparverträge abstoßen, sieht Perkams skeptisch. Anders als Sparkassen sind Banken nach ihren AGB für eine Kündigung nicht auf das Vorliegen eines sachlichen Grundes angewiesen. Die Frage, ob im Niedrigzinsumfeld ein sachgerechter Grund zu sehen ist, stellte sich für sie in der Vergangenheit ohnehin nicht. Im Übrigen gilt es, die Besonderheiten eines jeden Vertrages zu beachten. In Bezug auf Bausparverträge hatte der BGH bereits entschieden, dass die Bausparkasse während der Ansparphase den Vertrag nicht kündigen kann. Andernfalls würde dem Bausparer der Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entzogen.
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