„Karrieremodelle lassen sich nicht verallgemeinern“

Als Immobilienspezialist ist sie 1997 gestartet, heute gehört GSK Stockmann + Kollegen zu den Top-30-Kanzleien in Deutschland. Wie sich eine mittelständische Kanzlei im Wettbewerb mit Großkanzleien auf der einen und spezialisierten Boutiquen auf der anderen Seite auch in Zukunft behaupten kann und was bei der Nachwuchsförderung wirklich zählt, darüber hat PLATOW Recht mit Gründungspartner Rainer Stockmann gesprochen.

Herr Stockmann, Sie haben vor 15 Jahren als „Immobilienkanzlei“ begonnen. Wie erfolgsversprechend ist es aus Ihrer Sicht heute, sich mit einer Boutique auf den Markt zu wagen?

Wir sind eigentlich nie als wirkliche Boutique gestartet, sondern als eine auf die Immobilienbranche spezialisierte Full-Service-Kanzlei. Wir haben für die Immobilienbranche die komplette Palette vom Mietvertrag bis zum Börsengang angeboten. Eine Boutique im klassischen Sinn fokussiert sich dagegen auf ein bestimmtes Rechtsgebiet. Gerade wenn es sich um sehr komplexe Rechtsgebiete handelt, sehe ich hierfür auch in Zukunft einen Markt. Was aber, denke ich, nicht mehr funktioniert, ist der Ansatz, mit dem wir gestartet sind. Bestimmte Themen wie z. B. einen Börsengang müssen Sie heute branchenübergreifend anbieten. Diese Entwicklung sehen Sie auch bei uns. Nach und nach haben wir uns weitere Rechtsgebiete erschlossen, die wir branchenübergreifend anbieten, auch wenn sich natürlich auch bei uns Branchenschwerpunkte herauskristallisiert haben. Heute bieten wir alles an, was von einer Wirtschaftskanzlei erwartet wird, vor allem Corporate und M&A.

Wo sehen Sie weitere Wachstumsfelder?

Im Markt gibt es immer wieder neue Trends, die auch wir aufgreifen. Ein gutes Beispiel ist das Bankaufsichts- und Kapitalmarktrecht, das sich im Zuge der sich verschärfenden Finanzmarktregulierung, z. B. durch die AIFM-Richtlinie, weiter ausdifferenziert. Hier dürfte der Beratungsbedarf in den nächsten Jahren wohl eher steigen als sinken. Gleiches gilt für den Bereich Compliance, wo wir zwar schon seit Jahren aktiv sind, der jedoch in letzter Zeit spürbar an Bedeutung gewinnt. Dann kommen auch neue Branchen dazu. Neben der Immobilien- und Finanzbranche fokussieren wir uns momentan vor allem auf den Energie- und IT-Sektor.

Viele Ihrer Mandanten sind grenzüberschreitend tätig. Wie sieht Ihre Internationalisierungsstrategie aus?

Wir verstehen uns als deutsche Kanzlei mit internationaler Anbindung. Wir werden also nicht selbst im großen Stil Büros im Ausland eröffnen, sondern bieten unseren Mandanten ein Kooperationsnetzwerk an. Mit der britischen Sozietät Nabarro beispielsweise arbeiten wir eng zusammen. Unser gemeinsames europäisches Netzwerk wollen wir noch ausbauen, allerdings immer unter Beibehaltung unserer nationalen Identität. Daneben planen wir aber auch gemeinsame Auslandsgründungen: Nabarro und wir haben nahezu zeitgleich jeweils ein Büro in Singapur aufgemacht, die wir in näherer Zukunft zusammenschließen wollen. Unser Fokus liegt momentan klar auf Europa und Asien. Als mittelständische Kanzlei müssen wir uns auch fokussieren, wir können nicht an allen Orten präsent sein.

Haben Sie es sich zum Ziel gesetzt, mittelfristig zu den Großkanzleien aufzuschließen?

Wir fühlen uns im „Mittelfeld“ ganz wohl. Es gibt ja auch bei den Mandaten unterschiedliche Größenklassen, die bedient werden wollen. Von daher bin ich überzeugt, dass wir auch künftig als eine auf das mittlere Marktsegment ausgerichtete Kanzlei erfolgreich sein und auch weiter wachsen können.

Zum Wachstum gehört auch eine konsequente Nachwuchsförderung. Was tun Sie, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein?

Im Vergleich zu unseren Anfangsjahren hat sich der Bewerbermarkt stark gewandelt. Früher war es so, dass junge Anwälte als erstes nach ihren Karrierechancen gefragt haben und zwar mit Blick auf eine spätere Partnerschaft. Heute geht es auch um die Frage: Welche Ausbildung bietet eine Kanzlei? Der Fokus liegt nicht mehr so sehr auf der Karriere innerhalb einer Kanzlei, sondern auf der fachlichen Weiterentwicklung, die dann gerne auch in verschiedenen Kanzleien eingebracht wird. Wir haben z. B. eine eigenständige GSK-Akademie gegründet, mit der wir Fortbildungen innerhalb der Kanzlei anbieten.

Das hört sich an, als wäre Karriere auch heute noch wichtiger als eine ausgewogene Work-Life-Balance.

Ich denke, das lässt sich nicht verallgemeinern. Es gibt junge Anwälte, die Karriere machen wollen und dafür in Kauf nehmen, viel zu arbeiten. Da spielt Work-Life-Balance nicht so eine große Rolle. Daneben gibt es aber auch Berufseinsteiger, die sehr gut qualifiziert sind, allerdings lieber Aufgaben übernehmen, die es nicht erforderlich machen, sich dem Beruf gänzlich zu verschreiben. Mit dieser Gruppe tun sich Wirtschaftskanzleien zugegebenermaßen noch etwas schwer. Der Schlüssel zum Erfolg liegt vermutlich darin, für jede dieser Gruppen entsprechende Modelle zu entwickeln.

Sie haben gerade 15. Kanzleigeburtstag gefeiert. Wo sehen Sie GSK in 15 Jahren?

Wir haben nicht den Anspruch „größer ist besser“. Wichtiger ist aus meiner Sicht, dass wir es auch künftig schaffen, frühzeitig auf Trends im Markt zu reagieren. Mein Ziel ist es, in 15 Jahren weiterhin eine solide Marktposition zu besetzen, was uns aus heutiger Sicht auch ganz gut gelingen sollte.

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