Covid-19 beschleunigt Wachstum nachhaltiger Finanzierungen
Technologie-sektor schreitet voran _ „Ein Aufbauplan für Europa“ – unter diesem Titel einigten sich im Juli die EU-Führungsspitzen auf ein knapp zwei Billionen Euro schweres Wiederaufbaupaket nach der Covid-19-Pandemie. Diese Maßnahmen sollen explizit auch den bereits im vergangenen Jahr ins Leben gerufenen Green Deal unterstützen und nachhaltige Investitionen fördern, da Klimaschutz und Ressourcenknappheit nach wie vor einige der größten Herausforderungen unserer Zeit darstellen.
Zusammen mit ökologischen Themen bilden soziale Aspekte und eine gute Unternehmensführung den gegenwärtigen Inbegriff für Nachhaltigkeit (ESG: Environmental, Social, Governance). Auch wenn inmitten von Covid-19 das „S“ in ESG im Vordergrund steht, betonen Regierungen weltweit die herausragende Bedeutung aller drei Faktoren bei dem postpandemischen Wiederaufbau. Um bei institutionellen Investoren eine nachhaltige Vermögensallokation zu fördern, wurde auf EU-Ebene bereits 2018 der Sustainable Finance Action Plan entwickelt. Dieser soll u. a. in Form einer Taxonomie eine einheitliche Klassifizierung kreieren und die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in Due-Diligence-Prozessen verpflichtend machen sowie durch Reporting- und Offenlegungspflichten eine erhöhte Transparenz gewährleisten.
Im Finanzierungbereich lässt sich bereits seit mehreren Jahren ein eindeutiges Bild erkennen, sagen Frank Lauden-klos und Nina Heym, Finanzrechtsexperten bei Freshfields Bruckhaus Deringer. Der Markt für Sustainable Debt Finance hat sich zwischen 2016 und 2019 auf 465 Mrd. US-Dollar mehr als vervierfacht. Während Green Bonds (Anleihen zur zielgenauen Finanzierung bestimmter ökologischer Projekte) am Markt bereits länger etabliert sind, zeigt sich vor allem seit dem Ausbruch von Covid-19 eine große Nachfrage bei dem Pendant Social Bonds, so die Freshfields-Anwälte. Mehrere ESG-Komponenten vereinen meist die der allgemeinen Unternehmensfinanzierung dienenden Sustainability-Linked Loans. Hier bestimmt sich der variable Zinssatz nicht nur anhand von Finanzkennzahlen, sondern auch nach dem ESG-Score des Unternehmens, welcher durch Bewertungen von Nachhaltigkeits-Ratingagenturen quantifiziert wird und zu einer Adjustierung der Zinsmarge führt. In das Rating fließen verschiedenste Faktoren ein, beispielsweise die Höhe des Energieverbrauchs, faire Arbeitsbeziehungen sowie Maßnahmen zur Prävention wettbewerbswidrigen Verhaltens.
Mittlerweile werden bei den Finanzierungen nahezu alle Produktformen abgedeckt und auch von prominenten Darlehensnehmern in Anspruch genommen: 2019 nahm Europas größter Öl- und Gaskonzern Royal Dutch Shell einen Sustainability-Linked Loan in Höhe von 10 Mrd. Dollar auf und als weltweite Premieren wurden der erste Sustainability-Linked Bond (Enel) sowie der erste nachhaltige Schuldschein (Dürr) emittiert. Auch bei der jüngsten Kreditfinanzierung für Siemens Energy über 3 Mrd. Euro wurden Nachhaltigkeitskriterien implementiert, u. a. die Reduktion der Emission von Treibhausgasen.
Allgemein gewinnt Sustainable Investing immer weiter an Relevanz, wie auch die massiven Mittelzuflüsse in auf ESG-Kriterien basierende ETFs und ETPs zeigen: Global wurde hierbei jüngst die Schallmauer von 100 Mrd. Dollar verwaltetem Vermögen durchbrochen. Dies untermauerte auch das im Markt stark beachtete Statement des BlackRock-CEOs Larry Fink bereits vor dem Ausbruch der Corona-Krise, wonach Nachhaltigkeit der neue Investmentstandard des größten Vermögensverwalters der Welt werde.
Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass vor allem im Technologie-Sektor hohe ESG-Scores erreicht werden. Mit Blick auf die schon seit einiger Zeit deutlich überdurchschnittliche Entwicklung dieses Sektors darf daher mit Spannung verfolgt werden, ob die ebenfalls messbare Outperformance von ESG-Assets primär aus der häufig hohen Gewichtung der Technologie-Unternehmen resultiert oder ob ein hoher ESG-Score de facto das entscheidende Kriterium darstellt, weist Laudenklos hin. Neben dieser Frage der Erreichbarkeit einer Überrendite aufgrund des ESG-Faktors auch bei sektorneutraler Betrachtung sowie der Intensität des politischen Stimulus‘ wird für eine Fortsetzung des momentanen Trends jedoch insbesondere mitentscheidend sein, wie einheitlich und damit auch erst vergleichbar Nachhaltigkeitsstandards und deren Ratings in Zukunft sein werden, kommentiert Laudenklos.
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