Patentschutz beginnt bereits bei erster Produktidee
Viele Unternehmen verwalten ihre Patentportfolios bisher konservativ und fokussieren sich bei der Generierung von Schutzrechten auf Kernkompetenzen, in denen sie über marktführende technische Expertise verfügen. Im Zuge der Digitalisierung und der damit einhergehenden Vernetzung von Produkten reicht dies jedoch nicht mehr aus: Neue Player drängen in den Markt, die ihre Patente weit umfassender verwerten und vermarkten. Wie sich Unternehmen angesichts dieser Entwicklungen behaupten können, hat sich Christoph Moeller, Partner im Münchener Büro der auf IP-Recht spezialisierten Kanzlei Mewburn Ellis, genauer angeschaut.
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Unternehmen schätzen ihre Innovationsfähigkeit oft mittels einer Analyse der eigenen Patentsituation im Vergleich zum einschlägigen Mitbewerber ein, ohne ausreichend zu berücksichtigen, welchen Wettbewerbsvorteil die eigenen Patente konkret gewähren. Dabei ermöglichen Patente dem Unternehmen eine echte Differenzierung gegenüber dem Mitbewerber: Sie stärken die eigene Marktposition, sei es durch einen Kos-tenvorteil, der an die eigenen Kunden weitergegeben werden kann und dadurch zu einer Erhöhung des eigenen Marktanteils führt, oder auf Grund von qualitativen Abgrenzungsmöglichkeiten zum Wettbewerb, wodurch sich die Kundennachfrage durch eine Hochpreisstrategie befriedigen lässt. Nur solch eine Erfindung, die eine überdurchschnittliche Rendite erzielen kann, wird im klassisch-wirtschaftlichen Sinn als Innovation bezeichnet. Bei fundiert-wirtschaftlicher Betrachtung ist somit ein Patent nur sinnvoll, wenn es genau diese Differenzierungsmöglichkeit schützt. Die Schutzposition des Patents kann einerseits die fremde Verwendung der eigenen Technologie verteidigen. Andererseits kann es aber auch alternative bzw. parallele Umsetzungen durch den Wettbewerb verhindern, die zwar nicht selbst verwendet werden, aber zu einer Verwässerung der Differenzierungsmöglichkeit führen könnten.
IP-Abteilung in Entwicklungsprozess einbinden
Eine optimierte IP-Strategie umfasst daher eine zielgerichtete Schutzrechtsgenerierung unter dem Aspekt der zukünftigen Differenzierungsmöglichkeit gegenüber dem Wettbewerb. Entscheidend ist dabei, dass die IP-Abteilung in den Produktentwicklungsprozess von Anfang an unmittelbar einbezogen wird und nicht erst am Ende einer Entwicklung. Bestenfalls erfolgt die Einbindung bereits in einer vorkonzeptionellen Phase, d. h. bei der Definition einer Produktstrategie oder einer allgemeinen Technologiestrategie für zukünftige Produkte.
Die IP-Abteilung kann und soll bereits in dieser frühen Phase wertvolle Hilfestellung für die zukünftige Ausrichtung leisten. Denn die beste Technologie nützt im Hinblick auf eine notwendige Differenzierung und den damit einhergehenden Wettbewerbsvorteil nichts, wenn sie sich nicht adäquat schützen lässt und damit dem Mitbewerber nicht die Nutzung verboten werden kann. Aufgabe der IP-Abteilung oder auch eines hinzugezogenen externen Patentanwalts ist dann eine Analyse der aktuellen Mitbewerbersituation bei gleichzeitiger Identifizierung von so genannten „White Spaces““, also Bereichen, in denen Mitbewerber (noch) nicht aktiv sind.
Generell geht es um das Erkennen von Differenzierungsmöglichkeiten gegenüber dem Wettbewerb, wobei keineswegs auf gänzlich neue Geschäftsfelder abgestellt werden muss. Vielmehr ist eine kleinteilige Analyse hilfreich, die einen Vergleich der eigenen Technologie mit der des Mitbewerbers ermöglicht. Auf diese Weise können in einem ersten Schritt potenzielle Entwicklungsfelder erkannt und definiert werden. In einem zweiten Schritt wird analysiert, inwieweit es möglich ist, für eine Weiterentwicklung in einem detektierten Bereich Patentschutz zu beantragen und auch, wie wahrscheinlich es ist, dass der Patentschutz auch tatsächlich gewährt wird, um die geforderte Differenzierung des Produkts gegenüber einem Wettbewerber zu schützen.
Erkennen und Nutzen von Alternativen
Die IP-Abteilung bzw. der Patentanwalt kann zu diesem Zeitpunkt nicht nur beratend im Hinblick auf einen möglichen Patentschutz hinwirken, sondern sollte auch in eine Konzeptphase der Produktentwicklung mit eingebunden werden, um im Hinblick auf die Schutzfähigkeit Alternativen bei der technologischen Umsetzung aufzeigen zu können. Werden beispielsweise unterschiedliche Weiterentwicklungskonzepte für einen Schlüsselaspekt eines Produktes nebeneinandergestellt und verglichen, kann die spätere Schutzfähigkeit gleich besonders berücksichtigt werden. Eine wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung kann dann sein, ein Konzept auszuwählen, das die bestmöglichen Aussichten aufweist, sich einerseits ausreichend vom Mitbewerber zu differenzieren und andererseits schützbar zu sein. Die IP-Abteilung bzw. der Patentanwalt kann hierbei sogar als Teil des Entwicklungsteams und basierend auf dem Wissen um den relevanten Stand der Technik steuernd in den Entwicklungsprozess eingreifen.
Kooperation ist unerlässlich
Ein solcher Ansatz erfordert jedoch nicht nur eine ausgesprochen gute Verzahnung der Strukturen innerhalb des Unternehmens. Vor allem auf der Managementebene ist die Erkenntnis nötig, dass eine entsprechende Kooperation im Unternehmen echte Vorteile bringen kann, um innovative Wettbewerbspositionen zu schaffen, die ihrerseits eine wirtschaftlich relevante und belastbare Abgrenzung zum Mitbewerber ermöglichen und den Unternehmenserfolg langfristig sichern.
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