Einfluss künstlicher Intelligenz auf Transaktionen

Das Potenzial künstlicher Intelligenz ist enorm und wächst rasant. Zuletzt hat der technologische Wandel auch die Rechtsberatungsbranche erreicht. Eine der neuen Technologien, die den Rechtsmarkt nachhaltig verändern werden, ist die selbstlernende Analyse-Software Kira. Sie bietet die automatisierte Extraktion und Analyse bestimmter Klauseln aus Dokumenten an und ist dabei speziell für den Bereich der Legal Due Diligence bei Mergers & Acquisitions (M&A), Real Estate und Commercial Transaktionen konzipiert. Nils Krause, Partner bei DLA Piper und Leiter des Bereichs Corporate/M&A in Deutschland, berichtet über praktische Erfahrungen mit Kira.

Im Rahmen der Due Diligence ist stets eine große Menge an Dokumenten zu prüfen. Bislang fällt diese Aufgabe primär Associates und Paralegals zu. Sie sichten die zur Verfügung gestellten Daten, identifizieren Risiken und formulieren konkrete Handlungsempfehlungen, die vor allem Relevanz für die spätere Vertragsgestaltung haben. Kira kommt hier bei der Durchsicht der Dokumente ins Spiel. Die Software „liest“ die zu prüfenden Verträge und filtert die relevanten Klauseln in kürzester Zeit heraus. Diesem Vorgang liegt die sog. „machine learning“-Technologie zugrunde. Sie ermöglicht es, ein künstliches System mit Hilfe eines Algorithmus anhand von Beispielen so zu trainieren, dass wiederkehrende Muster und Gesetzmäßigkeiten erkannt werden. Dabei liefert die selbstlernende Technologie mit jedem weiteren Vertrag, den sie analysiert, präzisere Ergebnisse. 

Auf diesem Wege haben die Entwickler bei Kira Systems dem Programm einige Vertragsklauseln beigebracht, die nun jedem Nutzer bei der Dokumentenanalyse zur Verfügung stehen (zum Beispiel Change-of-Control Klauseln, Wettbewerbsverbote, Haftungsbegrenzungen etc.). Das mit attraktivste Tool des Programms ist die so genannte Quick Study. Mit dieser Funktion kann der Anwender dem System unbekannte Klauseln beibringen und den Wissenspool von Kira eigenständig erweitern. Kanzleien können so ihr Knowhow auf das System transferieren und Verträge auch auf spezifische Formulierungen bestimmter Unternehmen überprüfen.

Präziser als der Mensch
Auf Grund seiner Erweiterbarkeit ist das Programm auf keine Branche beschränkt. Eine Anwendung bietet sich in allen Fällen an, in denen eine große Anzahl von Dokumenten geprüft werden muss. Exemplarisch ist hier der Real Estate-Bereich zu nennen. In kürzester Zeit können beispielsweise alle relevanten Informationen eines Mietvertrages zusammengetragen und kritische Klauseln herausgefiltert werden. Der Anwendungsbereich ist zudem nicht auf die Legal Due Diligence begrenzt. Auch bei großen, konzerninternen Prüfungen kommt eine Datenanalyse durch das Programm in Betracht. So kann Kira etwa im Bereich der Compliance enorme Dienste leisten, indem es alle Verträge eines Unternehmens auf wettbewerbswidrige Inhalte überprüft.

Die Zahlen sprechen für die Software: Nach Angaben der Entwickler kann bei der Due Diligence eine Zeitersparnis von 20% bis 90% erreicht werden. Die Treffergenauigkeit soll über 90% betragen. Im Vergleich dazu liegt die Genauigkeit einer menschlichen Prüfung im Durchschnitt bei gerade einmal 65%. Kira ist bei der Vorauswahl relevanter Klauseln damit schneller und präziser als der Mensch.
Die Effizienzsteigerung wirkt sich auch auf den Umfang der Prüfung aus. Auf Grund der Kosten einer umfangreichen Due Diligence sind viele Unternehmen in den letzten Jahren dazu übergegangen, Verträge mit scheinbar geringem materiellen Gehalt aus der Prüfung auszuklammern. Dass dies nicht immer zielführend ist, liegt auf der Hand. Mit Kira kann auf eine solche Einschränkung des Prüfungsvolumens verzichtet werden. Das Programm überprüft in kürzester Zeit, welche Verträge tatsächlich einen relevanten Inhalt aufweisen und welche nicht. Es macht den Due Diligence Prozess nicht nur wesentlich schlanker, sondern führt dank der Möglichkeit, sehr große Datenmengen schnell zu analysieren, auch zu mehr Transaktionssicherheit für den Mandanten.

Keine Konkurrenz für den Anwalt
Eine echte Konkurrenz zur anwaltlichen Beratung ist die neue Technologie freilich nicht. Vielmehr können sich die Anwälte dank der Software so beispielsweise im Hinblick auf M&A-Transaktionen voll auf die Tätigkeiten konzentrieren, die den eigentlichen Wert einer Due Diligence ausmachen. So bleibt die Festlegung der Prüfungsschwerpunkte im Vorfeld der Due Diligence nach wie vor den Anwälten vorbehalten. Schließlich ist selbst die effizienteste Suchmaschine erst dann von Nutzen, wenn der Anwender weiß, wonach er suchen muss, weil er die Risiken und Besonderheiten eines konkreten Falles kennt. Auch die rechtliche und wirtschaftliche Einordnung einer Vertragsbestimmung sowie die darauf beruhenden Handlungsempfehlungen können von keinem Algorithmus übernommen werden. Das Programm extrahiert lediglich einzelne Klauseln eines Vertrags, ohne sie miteinander in Bezug zu setzen oder zu bewerten. Während es die Fleißarbeit weitestgehend übernehmen kann, verbleibt der Kern der Transaktionsberatung daher weiterhin bei den Anwälten.

Die Hauptfunktion von Kira ist somit, die Effizienz von Routineprozessen zu steigern. Für Kanzleien gilt es, die innovativen Technologien zu nutzen und die sich auftuenden Synergien zu heben. Nur wer die neuen IT-Tools in sein bestehendes Geschäftsmodell integriert, vermag den Bedürfnissen der Mandanten langfristig gerecht zu werden.

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