Zweigleisig ans Ziel – IPOs im Dual Track

"Das Thema Dual Track ist aktuell in aller Munde, nachdem mehrere Investoren angekündigt haben, dass sie parallel zur IPO-Vorbereitung ihres Portfoliounternehmens Verkaufsverhandlungen führen. Gerade in Zeiten nicht einfacher Märkte ist es für Private Equity-Häuser sehr interessant, einen Preisvergleich vorzunehmen und zur Optimierung des Verkaufserlöses beide Szenarien durchzuspielen, erläutern Michael Schlitt und Joachim Habetha, beide Partner der internationalen Anwaltssozietät Hogan Lovells, im Interview mit PLATOW Recht."

Wie hat man sich den Ablauf konkret vorzustellen?

Habetha: Der Prozess wird durch eine oder mehrere Investmentbanken oder einen Finanzberater koordiniert. Häufig wird auf der M&A-Seite ein Auktionsverfahren durchgeführt; dann beginnt das Verfahren mit dem Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung und eines Process Letters. Dabei ist es zur Vermeidung von Haftungsansprüchen wichtig, dass sich der verkaufswillige Investor im Hinblick auf den Dual Track eine spätere Änderung des Verfahrens und des Zeitplans vorbehält. Im Anschluss kann die Due Diligence für beide Gleise parallel durchgeführt werden. Zudem werden, in engem zeitlichen Kontext, auf der M&A-Seite das Informationsmemorandum und auf der IPO-Seite der Prospekt entworfen. Insoweit lässt sich bereits erkennen, dass angesichts der erhöhten Komplexität ausreichend Ressourcen vom Unternehmen, aber auch von seinen Beratern, für den Prozess bereitgestellt werden müssen.

Aus Investorensicht wird doch wahrscheinlich häufig der M&A-Track bevorzugt, oder?

Schlitt: Letztlich kommt es maßgeblich auf den erzielbaren Verkaufserlös an. Technische Aspekte spielen meist nur eine untergeordnete Rolle. So sind im Übernahmevertrag die Garantien des verkaufenden Aktionärs regelmäßig sehr überschaubar. Sie beschränken sich im Wesentlichen auf die wirksame Ausgabe der Altaktien, seine Inhaberstellung und unbeschränkte Verfügungsbefugnis. Auch braucht der veräußernde Investor keine große Transparenz seiner internen Strukturen zu fürchten. So sind i. d. R. über ihn nur wenige Informationen in den Prospekt aufzunehmen (z. B. die Höhe seiner Beteiligung vor und nach dem Angebot, die wesentlichen Eckpfeiler seiner Beteiligungsstruktur oder die Zahl der angebotenen Aktien). Zudem ist es möglich, den den Einfluss des verkaufsbereiten Investors reduzierenden Formwechsel der Gesellschaft in eine börsenfähige Rechtsform erst zu einem recht späten Zeitpunkt im Prozessverlauf durchzuführen. Dass diese Aspekte letztlich keine durchgreifenden Bedenken gegen einen IPO rechtfertigen, zeigt die Reihe von Dual Track-Verfahren, die mit einem Börsengang endeten.

Wie viel zusätzlichen Aufwand muss ein IPO-Kandidat für den parallelen M&A-Prozess treiben?

Habetha: Natürlich bedeutet die zusätzliche M&A-Komponente ein Mehr an Aufwand und Komplexität, insbesondere, wenn ein kompetitives Auktionsverfahren durchgeführt wird, das die Personalressourcen der verschiedenen Parteien stark bindet. So muss etwa das Management der Gesellschaft neben der Erstellung des Wertpapierprospekts und der Roadshow-Präsentation Zeit für die Erstellung des Informationsmemoran-dums einplanen. Die Belastung wird nach unserer Erfahrung aber durch die erheblichen Synergieeffekte stark gemindert. So kann der ohnehin für die IPO-Vorbereitung erstellte Datenraum weitgehend für Zwecke der Due Diligence im M&A-Verfahren genutzt werden. Die Analysten- bzw. Roadshow-Präsentation wird in vielen Aspekten deckungsgleich mit der Management-Präsentation sein; das für die Vermarktung im M&A-Prozess erstellte Informationsmemorandum kann umgekehrt als Grundlage für den Wertpapierprospekt genutzt werden. Auf diese Weise kann der zeitliche und finanzielle Aufwand reduziert werden.

Bis wann können beide „Gleise“ parallel laufen?

Schlitt: Rechtlich gibt es hierfür kein Limit. So hat man im Markt auch schon Transaktionen gesehen, in denen der Verkauf erst während des Bookbuilding erfolgte. In der Regel wird als „Point-of-no-return“ aber der Zeitpunkt angesehen, zu dem die IPO-Pläne veröffentlicht wurden und die Banken nach Veröffentlichung der Research Reports mit der Investorenansprache beginnen. Zur gleichen Zeit dürften bei sorgfältiger Planung des Prozesses bindende Angebote der auf der M&A-Seite angesprochenen Investoren vorliegen. Auf der IPO-Seite können dem die Indikationen aus dem Pilot Fishing, die in den Research Reports enthaltenen Bewertungsspannen sowie das Feedback aus ersten Investorengesprächen im Zuge der Investor Education gegenüber gestellt werden.

Auf welcher Grundlage fällt am Ende die Entscheidung?

Habetha: Wie gesagt, ist letztlich der zu erwartende Preis entscheidend. Aus Sicht des Investors ist aber in die Abwägung einzustellen, ob mit einem Kursanstieg nach dem IPO gerechnet werden kann und somit die Möglichkeit besteht, zu einem späteren Zeitpunkt weitere Aktienpakete mit Kursgewinn zu platzieren, wie es etwa Providence beim IPO der KDG vorgeführt hat. Der Verkauf im M&A-Prozess hat hingegen den Charme, dass der Investor auf einen Schlag seine gesamte Beteiligung veräußern kann, was aus Vermarktungssicht im IPO-Track regelmäßig nicht möglich ist.

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