Wir müssen stets das Ohr auf der Schiene haben

"Im September hat Klaus-Stefan Hohenstatt das Amt des Regional Managing Partners für die Region Deutschland und Österreich bei Freshfields Bruckhaus Deringer angetreten. Anders als seine Vorgänger wird sich der am Hamburger Standort tätige Arbeitsrechtsexperte nicht ausschließlich auf das Management konzentrieren, sondern die Mandatsarbeit fortsetzen. Weiteres Novum: Unterstützt wird Hohenstatt künftig von Axel Kölsch, der in der neu geschaffenen Management-Position des COO die administrativen Bereiche der Sozietät steuern wird. Wir haben mit Klaus-Stefan Hohenstatt über die Veränderungen und seine Pläne für die vierjährige Amtszeit gesprochen."

Welchen Hintergrund haben die Neuerungen in der Managementstruktur der Sozietät?

Mein Vorgänger Manfred Finken und unser langjähriger Senior Partner Konstantin Mettenheimer haben das auf den Weg gebracht. Denn wir halten es aus mehreren Gründen für wichtig, dass sich alle Partner um die Mandatsarbeit kümmern, auch jene mit Management-Aufgaben. Erstens behält der Anwalt die Bodenhaftung und Marktnähe, wenn er unter demselben Erfolgsdruck steht wie die Partner, die er managen soll. Zweitens ist es eine Frage der Effizienz. Wir sind der Meinung, dass unsere Kanzlei zwar von Partnern geführt werden muss, sich aber mit der Beratung von Mandanten beschäftigen sollte und nicht mit sich selbst. Reine Management-Positionen in unserem Haus sind daher rar gesät: Lediglich in London ist ein Partner dafür freigestellt. Der dritte Punkt ist meines Erachtens der wichtigste: Möchte man für solche Positionen auch jüngere Partner begeistern, dann ist es geradezu zwingend, dass sie dabei weiterhin Mandatsarbeit betreiben. Ansonsten haben sie nach vier Jahren Schwierigkeiten, wieder in das Beratungsgeschäft zurückzufinden. Ich selbst hätte die Position nicht angenommen, wenn sie „full time“ gewesen wäre.

Wie ist Ihre Tätigkeit von der des neuen COO abgegrenzt?

Weiterhin bearbeitet der Regional Managing Partner die strategischen Angelegenheiten und alle Fragen, die die Partner unmittelbar betreffen. Das umfasst auch alle Angelegenheiten, die mit dem juristischen Nachwuchs zu tun haben. Wie für jeden anspruchsvollen Dienstleister ist dies ein Schlüsselelement unserer Strategie. Es bleiben viele Dinge an der Schnittstelle zwischen Strategie und Administration, die mit der Effizienz des ganzen Service zu tun haben, um die sich ein Chief Operating Officer kümmern kann: Knowledge Management, Konferenzen, Finanzen. Die Verbesserung solcher Prozesse gehört zu den Aufgaben des COO.

Welche Ziele haben Sie sich für die vier Jahre Ihrer Amtszeit als Regional Managing Partner gesteckt?

Das erste Ziel habe ich bereits angedeutet: Wir möchten erfolgreich hervorgehen aus einem sich verschärfenden Wettbewerb um den besten Nachwuchs. Wenn man sich klar macht, dass jährlich nur 500 Absolventen zur Verfügung stehen, die entsprechende Examina aufweisen und die sich für den Beruf des Wirtschaftsanwalts interessieren, und allein Freshfields 80 bis 100 einstellen möchte, dann kann man die Herausforderung ermessen. Hierbei waren wir bislang sehr erfolgreich. Für uns spricht insofern sicherlich auch, wie wir durch die Finanzkrise gekommen sind. Dabei haben wir gezeigt, dass wir eine stabile Grundlage für eine Karriere bieten. Das zweite Ziel ist durch die unsichere Marktlage in den Fokus geraten: die konkurrenzfähige Beratung. Unsere Mandanten haben viel an Professionalisierung in die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen investiert und wissen den Wettbewerb unter den Sozietäten zu nutzen. Wir müssen daher beweisen, dass wir Aufträge nicht nur fachlich exzellent, sondern auch so effizient erledigen wie nur möglich. Dabei müssen wir frühzeitig erkennen, in welche Richtung sich ein Markt entwickelt. Wir müssen „das Ohr auf der Schiene“ haben und Marktentwicklungen rechtzeitig identifizieren, um adäquat reagieren zu können. Es gibt viele Beispiele, in denen uns dies gelungen ist. So haben wir sehr frühzeitig erkannt, dass sich im Bereich der öffentlich-rechtlichen Banken ein Wandel abzeichnet und sich interessante Rechtsprobleme stellen würden. Wir haben uns spezialisiert und uns damit wertvolle Mandate gesichert, die uns in den vergangenen Jahren viel Arbeit gebracht und unsere Reputation als Sozietät gesteigert haben.

Welche Trends haben Sie jetzt im Blick?

Regulierung ist derzeit ein großes Thema. Es spricht einiges dafür, dass dies kein kurzfristiger Trend bleibt. Auch werden Unternehmen zunehmend kartell- und strafrechtlich unter die Lupe genommen. Um unsere Mandanten in solchen Verfahren, die meist in mehreren Erdteilen parallel geführt werden, beraten zu können, haben wir mit unseren Spezialisten international eine Einheit „Global Investigations“ aufgebaut.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Kanzleienlandschaft in den kommenden zehn Jahren?

Nach unserer Einschätzung wird es 2020 weltweit etwa fünf bis sieben führende internationale Kanzleien geben. Damit wird die Rechtsberatung eine ähnliche Entwicklung durchlaufen wie die der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, bei denen sich der Markt auf die „Big Four“ konzentriert. Ich denke, dass wir für diese Phase sehr gut aufgestellt sind, da wir schon seit Jahren eine klare Ausrichtung haben. Eine Marktführerposition ist aber stets schwer zu verteidigen. Das Gefährlichste wäre, sich auf den Lorbeeren auszuruhen.

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