Betriebsrätestärkungsgesetz – Ein großer Wurf sieht anders aus
Wichtige Fragen noch ungeklärt _ Kurz vor Weihnachten hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) den Referentenentwurf für ein „Betriebsrätestärkungsgesetz“ veröffentlicht. Damit soll die Gründung von Betriebsräten erleichtert werden.
Das sogenannte vereinfachte Wahlverfahren, das für Betriebe mit bis zu 50 Arbeitnehmern gilt, soll auf Betriebe mit bis zu 100 Beschäftigten erstreckt werden. „Dieses Verfahren ermöglicht eine vergleichsweise unbürokratische und schnelle Gründung von Betriebsräten“, erläutert Timon Grau, Partner der Sozietät Linklaters. „Zudem soll der besondere Kündigungsschutz für Wahlbewerber künftig auch Arbeitnehmer erfassen, die eine Wahl vorbereiten.“
Mobile Arbeit und Digitalisierung
Der Entwurf sieht die „Ausgestaltung von mobiler Arbeit“ als einen neuen Tatbestand der erzwingbaren Mitbestimmung vor. Damit startet das BMAS einen neuen Versuch, das Thema Homeoffice aufzugreifen, nachdem es seinen Entwurf zur Regelung mobiler Arbeit vom Oktober 2020 stark entschärfen musste. Weitere Änderungsvorschläge betreffen die Felder Digitalisierung und Datenschutz. „Anders als bisher soll es auf die konkrete Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines IT-Sachverständigen bei der Mitbestimmung über technische Einrichtungen nicht mehr ankommen, sondern Betriebsräte sollen grundsätzlich die Kostenübernahme vom Arbeitgeber verlangen können“, so Marc Reuter, Arbeitsrechtler bei Link-laters. „Nicht klar ist bisher, ob den Betriebsrat im Lichte der Datenschutzgrundverordnung auch eine eigene datenschutz-rechtliche Verantwortlichkeit – und damit potenzielle Haftung bei eigenen Datenschutzverstößen – trifft.“
Nach dem Gesetzesentwurf hat der Betriebsrat bei der Verarbeitung von Beschäftigtendaten zwar den Datenschutz einzuhalten; der Arbeitgeber soll jedoch der datenschutzrechtlich Verantwortliche sein, soweit der Betriebsrat zur Erfüllung seiner Aufgaben handelt. Schließlich soll die wegen der Covid-19-Krise eingeführte und bis Mitte dieses Jahres befristete Möglichkeit, Betriebsratssitzungen per Video- oder Telefonkonferenz abzuhalten, dauerhaft gelten. Präsenzsitzungen sollen aber vorrangig bleiben und Betriebsräte sollen virtuellen Sitzungen widersprechen können.
Bewertung und Ausblick
„Der bereits kurz kontrovers diskutierte Vorschlag ist kein großer Wurf auf dem Weg zu einer Modernisierung der Betriebsverfassung“, meint Arbeitsrechtler Grau. „Die Digitalisierung der Betriebsratsarbeit bleibt auf halber Strecke stehen und auch über weitere Inhalte lässt sich trefflich streiten.“ Auch lehnt das Kanzleramt offenbar das Mitbestimmungsrecht zur mobilen Arbeit ab. „Größer dürften die Chancen für die Erleichterungen der Betriebsratswahl sein, die im Koalitionsvertrag stehen“, ergänzt Rechtsanwalt Reuter. „Ob die Koalition im Superwahljahr 2021 ein auch unter den Sozialpartnern umstrittenes Gesetz noch auf den Weg bringen wird, bleibt abzuwarten.“
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