Compliance im eSport – Herausforderung für den Rechtsrahmen
Turnier-Preisgelder und Sponsoringverträge in Millionenhöhe sowie Zuschauermassen online und in den Stadien – der eSport ist eine erhebliche Wachstumsbranche. Mit der steigenden Popularität der Wettkämpfe und auch angesichts des hohen Anteils minderjähriger Fans und Spieler werden jedoch auch die bislang unbeantworteten rechtlichen Fragen drängender. Ein Überblick von Guido Kleve und Michael Stulz-Herrnstadt, Partner im Kölner bzw. Hamburger Büro der Wirtschaftskanzlei DLA Piper.
Schon die Definition des eSport bereitet Schwierigkeiten. Eine Legaldefinition existiert nicht. Grundsätzlich bezeichnet eSport einen Wettkampf, den Menschen in einem Video- oder Computerspiel austragen. Neben den „klassischen“ Sportsimulationen erfreuen sich insbesondere auch Strategiespiele bzw. Ego-Shooter einer erheblichen eSport-Fangemeinde mit weltweit ausgetragenen Turnieren. Dabei werden die Spieler als professionelle Athleten gehandelt. Dennoch gilt eSport nach den Kriterien des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) bisher nicht als Sport; auch durch die Gesetzgebung und die Rechtsprechung erfolgte noch keine Anerkennung. An der Anerkennung als „Sport“ hängen jedoch handfeste rechtliche und auch finanzielle Folgen. Fördergelder aus dem Bundeshaushalt hängen z. B. von der Aufnahme in den DOSB ab.
Manipulation, Wettbetrug und E-Doping
Die fehlende Anerkennung als Sport hat zur Folge, dass die Vorschriften zur Manipulation von Wettbewerben und Sportwettbetrug gemäß §§ 265 c ff. StGB im eSport bislang nicht anwendbar sind. Auch das Anti-Doping-Gesetz dient ebenfalls nach § 1 Abs. 1 AntiDopG nur der Bekämpfung des Dopings im klassischen Sport. Zudem nehmen die Veranstalter in ihren Regelwerken bislang keinen Bezug auf das Anti-Doping-Gesetz. Lediglich die Electronic Sports League (ESL One) hat zumindest privatrechtliche Verpflichtungen geschaffen.
Beispielhaft für regulatorische Abgrenzungsfragen stehen die „Lootboxen“. Dies sind virtuelle Gegenstände, die gegen Entgelt erworben werden können und handelbar sind. Die obersten deutschen Glücksspielaufsichtsbehörden ordnen die Boxen derzeit zwar nicht als Glücksspiel ein, allerdings stehen sie jugendschutzrechtlich in der Kritik.
Jugendschutz
Die Anziehungskraft von Video- und Computerspielen auf Minderjährige stellt zwingend jugendschutzrechtliche Vorschriften in den Fokus der Verantwortlichen. Ein zentraler Punkt ist die Altersfreigabe der Computerspieltitel, für die in Deutschland die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) die verantwortliche Stelle ist. Die durch die USK erfolgende Altersfreigabe von Offline- und Online-Spielen gilt indes nicht unmittelbar für Live-Streams und Aufzeichnungen der Spiele. Auch die Altersklassifizierung für das bloße Zuschauen vor Ort bzw. Strea-ming unterliegt nicht der USK für Computerspiele. Diskutiert wird, sich hinsichtlich der Zutrittsberechtigung an § 11 JuSchG und damit an der Altersfreigabe der gespielten Spiele zu orientieren. Behörden können die Anwesenheit Minderjähriger bei einer öffentlichen Veranstaltung auch gemäß § 7 JuSchG untersagen, wenn die Veranstaltung jugendgefährdend ist. Alternativ sind Altersbegrenzungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen möglich. Die Teilnahme minderjähriger eAthleten an dotierten Wettkämpfen wird ergänzend durch § 5 JArbSchG reguliert, wenn das Spielen als Beschäftigung im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu bewerten ist. Kinder dürfen dann nur mit behördlicher Bewilligung nach § 6 JArbSchG tätig werden; für Jugendliche bestehen zeitliche Einschränkungen, u. a. auch am Wochenende. Hätte die erste „Fortnite“-WM statt in New York an einem Wochenende in Deutschland stattgefunden, hätte der 16-jährige Gewinner von 3 Mio. US-Dollar Preisgeld gegebenenfalls nur zuschauen dürfen. Umgekehrt dürfen Spieler aus Drittstaaten als „Nicht-Sportler“ ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach der Beschäftigungsverordnung nicht arbeiten.
Selbstregulierung
Im Rahmen der Gründung zahlreicher eSport-Verbände in den vergangenen Jahren wurden auch Verhaltensregeln durch Verbandsstatute kodifiziert. International wurde 2015/2016 die gemeinnützige Esports Integrity Commission (ESIC) gegründet, die als Aufsichts- und Regulierungsinstanz fungieren soll. Die ESIC hat einen Verhaltenskodex, sowie einen Anti-Doping- und Anti-Korruptions-Code mit einem gestuften Sanktionssystem geschaffen. Auf nationaler Ebene bemüht sich der Dachverband eSport-Bund Deutschland e.V (ESBD) um eine sportdemokratische Organisierung der Vereine. Fair-Play, Toleranz und Respekt vermitteln sowie die Integrität des eSports fördern, gehören zu den Vereinszwecken. Mitglieder sind Vereine, Teams und Veranstalter; nur in Ausnahmefällen werden eAthleten als Einzelpersonen aufgenommen.
Fazit
Der eSport agiert – mit oder ohne Anerkennung als Sport – nicht im rechtsfreien Raum. Die steigende Popularität des eSport und die wirtschaftliche Bedeutung rücken Compliance-Fragen jedoch in den Vordergrund. Sportler, Organisatoren, Vereine und Sponsoren sind daher gehalten, sich mit diesen Compliance-Fragen frühzeitig auseinanderzusetzen.
ARTIKEL DIESER AUSGABE
ARUG II – Neue Pflichten für Vorstand und Aufsichtsrat
Bundestag und Bundesrat haben im November das Gesetz zur Umsetzung der zweiten EU-Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) verabschiedet, das voraussichtlich zum 1.1.20 in Kraft treten wird.... mehr
DER Touristik greift mit Freshfields bei Hotelmarke Sentido zu
Der Ausverkauf beim insolventen Reisekonzern Thomas Cook geht weiter. Mit der Rewe-Tochter DER Touristik ist nun auch ein Käufer für die Hotelmarke Sentido gefunden. Der entsprechende... mehr
Islamic Finance – Clifford Chance begleitet Scharia-konformen Deal
Die Sozietät Clifford Chance hat das kuwaitische Family Office Saud Abdulaziz Al-Rashed & Sons Real Estate beim Erwerb des Duisburger Bürogebäudes „Neudorfer Tor“ rechtlich und... mehr
Streit um Fördergelder – Arqis steht Düsseldorfer Privatschule bei
Rund 11,7 Mio. Euro zu viel gezahlter öffentlicher Fördergelder standen im Raum, nun haben sich die International School of Düsseldorf e.V. (ISD) und das Land NRW auf einen Rückzahlungsplan... mehr
DSGVO bringt neuartiges „Akteneinsichtsrecht“
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat die Rechte von Betroffenen gegenüber Finanzbehörden im Zusammenhang mit der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten erheblich erweitert.... mehr
SZA stärkt M&A-Praxis mit Partnerzugang
Schilling, Zutt & Anschütz (SZA) baut die Transaktionspraxis mit einem Neuzugang auf Partnerebene sowie zwei Partnerneuernennungen aus den eigenen Reihen aus. mehr
Menold Bezler fusioniert mit Steuerberatungsgesellschaft BHP
Die Stuttgarter Kanzlei Menold Bezler und die ebenfalls in Stuttgart ansässige Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft BHP gehen gemeinsame Wege. Am 26.11. einigten sich... mehr
Osborne Clarke erweitert Partnerkreis zum Jahreswechsel
Die Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke nimmt zum 1.1.20 zwei ihrer Anwälte neu in die Partnerschaft auf. mehr
Bundeskartellamt leitet Verfahren gegen die Deutsche Bahn ein
Das Bundeskartellamt nimmt in einem aktuell aufgenommenen Verwaltungsverfahren die Geschäftspraktiken der Deutschen Bahn genauer unter die Lupe. Konkret betrifft das Verfahren den Vertrieb... mehr