Erwerberkontrolle nach dem KWG ist kein Papiertiger

"Die deutsche Bankenlandschaft befindet sich im Umbruch. Das eröffnet Chancen für Investoren, die in den deutschen Finanzmarkt eintreten möchten. Allerdings sind in diesem Kontext regulatorische Anforderungen zu beachten, die über die klassischen Themen bei allgemeinen M&A-Transaktionen weit hinausgehen. Dass diese Vorgaben keine bloßen Papiertiger sind, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH), die ein Verbot der BaFin bestätigt. Simon G. Grieser, Partner in der Bank- und Finanzrechtspraxis der internationalen Anwaltssozietät Mayer Brown, erläutert die Hintergründe der Entscheidung."

Investoren, die allein oder mit anderen Personen oder Unternehmen eine bedeutende Beteiligung an einem Institut, das heißt, an einem Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) erwerben möchten, müssen dies der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank unverzüglich schriftlich anzeigen. Im Versicherungsaufsichtsgesetz findet sich eine entsprechende Regelung. Eine bedeutende Beteiligung besteht dann, wenn Investoren unmittelbar, über Tochterunternehmen oder auch zusammen mindestens 10% des Kapitals oder der Stimmrechte des Instituts halten oder wenn sie auf die Geschäftsführung des Instituts maßgeblichen Einfluss ausüben. Das ist eine Situation, die bei einer strategischen Beteiligung an einem Institut oft gegeben sein wird. Die BaFin bzw. die Deutsche Bundesbank können den beabsichtigten Erwerb einer bedeutenden Beteiligung nach dem KWG untersagen, unter anderem,

  • wenn der Anzeigepflichtige nicht zuverlässig ist oder aus anderen Gründen nicht den Ansprüchen genügt, die im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Instituts zu stellen sind. Das kann beispielsweise dann gegeben sein, wenn der künftige Inhaber oder Gesellschafter einschlägig vorbestraft ist, wenn nicht nachvollziehbar ist, wie das Geld für den Einstieg beschafft werden soll oder wenn die Investition wirtschaftlich nicht plausibel ist,
  • wenn der Anzeigepflichtige nicht über die notwendige finanzielle Solidität verfügt, insbesondere wenn er auf Grund seiner Kapitalausstattung oder Vermögenssituation nicht den Anforderungen gerecht werden kann, die an die Eigenmittel und die Liquidität eines Instituts gestellt werden,
  • wenn die künftigen Geschäftsleiter nicht zuverlässig oder nicht fachlich geeignet sind,
  • wenn das Institut in eine Konzernstruktur einbezogen würde, die eine wirksame Aufsicht beeinträchtigen würde.

Erstmals gerichtliche Bewertung

Dass dieses Anforderungsprofil kein Papiertiger ist, zeigt die Entscheidung des VGH vom 6.10.10 (Az.: 6 A 2227/08). Darin haben die Richter ein Verbot der BaFin bestätigt, wonach Investoren sich nicht an einem Kreditinstitut beteiligen durften. Die oben aufgeführten Untersagungsgründe wurden in der Entscheidung erstmals in dieser Instanz gerichtlich bewertet. Daher kommt diesem Urteil große inhaltliche Relevanz zu, da es das Verwaltungshandeln der BaFin im Rahmen des Inhaberkontrollverfahrens bewertet und für richtig befunden hat. Für zukünftige Transaktionen kann dies daher als gerichtlicher Maßstab gelten. Eine Untersagung des Erwerbs einer bedeutenden Beteiligung an einem Kreditinstitut kann danach auch darin begründet sein, dass der wirtschaftliche Hintergrund der geplanten Investition nicht nachvollziehbar ist, insbesondere die Gefahr einer „Ausschlachtung“ oder Zerschlagung des Kreditinstituts besteht. Entsprechendes gilt, wenn unklar ist, woher die Mittel für den Erwerb kommen.

Insoweit hat der VGH klargestellt, dass der potenzielle Erwerber im Rahmen des Anzeigeverfahrens nicht nur die Tatsachen vortragen muss, aus denen ersichtlich wird, in welcher Höhe er sich beteiligen möchte bzw. ob ein maßgeblicher Einfluss begründet ist, sondern dass er auch von sich aus die Fakten darlegen muss, anhand derer sich seine Zuverlässigkeit und weitere Untersagungsgründe überprüfen lassen. Der BaFin muss es – so der VGH in seinen Ausführungen – auf Grund der vorgetragenen Umstände und der vorgelegten Unterlagen möglich sein, die Zuverlässigkeit der verantwortlichen Person und ihrer Befähigung zur soliden und umsichtigen Führung des zu erwerbenden Instituts zu beurteilen.

Vorlagepflichten sollten beachtet werden

Das bedeutet zwar nicht, dass der Anzeigende lückenlos nachweisen muss, dass keine Gründe vorliegen, seine Unzuverlässigkeit anzunehmen. Allerdings muss er die ihm bekannten und aus seinem Einflussbereich stammenden Informationen und Unterlagen offenbaren, soweit sie offensichtlich für die Beurteilung seiner Zuverlässigkeit und seiner Fähigkeit, das Institut ordnungsgemäß zu führen, bedeutsam sind. Seine Mitteilungs- und Offenlegungspflicht im Rahmen des Anzeigeverfahrens ist daher sehr umfassend. Zwar kann der Erwerber bei Vorliegen einer Untersagung im Rahmen eines Verfahrens nach § 2c KWG eine solche Beteiligung an dem Institut zivilrechtlich wirksam erwerben. Allerdings ist ein Verstoß gegen die vollziehbare Untersagung des Beteiligungserwerbs eine Ordnungswidrigkeit und kann auch weitere Maßnahmen der Aufsicht nach sich ziehen. Daher empfiehlt es sich, den entsprechenden Vorlagepflichten nach dem Erwerbskontrollverfahren nachzukommen und das Verfahren in die Transaktionsplanung und Vertragsdokumentation entsprechend einzubeziehen.

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