Generika – Erstmals Geldbußen wegen verzögerter Markteinführung verhängt
Die EU-Kommission verhängte am 19.6.13 in dem Kartellverfahren „Citalopram“ (Az.: COMP/39226) erstmalig Geldbußen wegen Verzögerung der Markteinführung von Generika gegen den Originalhersteller Lundbeck in Höhe von 93,8 Mio. Euro und gegen vier Generikahersteller in Höhe von insgesamt 52,2 Mio. Euro. Nach Ansicht der Kommission hatte Lundbeck im Jahr 2002 mit den Generikaherstellern vereinbart, dass diese die Markteinführung günstigerer, generischer Versionen seines Blockbusters Citalopram (Wirkstoff für Antidepressiva) „verzögern“.
Nachdem das Erzeugnispatent für das Citalopram-Molekül 2003 abgelaufen war, hätten, so die Kommission, die Generikahersteller die Möglichkeit gehabt, generische Versionen von Citalopram zu verkaufen, ohne (weiterhin bestehende Verfahrens-)Patente von Lundbeck zu verletzen. Einer der Wettbewerber hatte sogar schon mit dem Verkauf seiner generischen Version von Citalopram begonnen. Da jedoch Lundbeck für den Verzicht des Markteintritts viel Geld, den Aufkauf der Generika-Bestände (um diese dann zu vernichten) und die Zusage von Gewinngarantien in einer Vertriebsvereinbarung bot, sahen die betroffenen Generikahersteller letztlich von einem Markteinstieg ab. Im Endergebnis zahlte Lundbeck damit den Generikaherstellern viele Millionen Euro für die Verzögerung des Markteintritts. In Fachkreisen werden solche Vereinbarungen daher auch als „pay-for-delay“ oder „reverse-patent-settlements“ bezeichnet.
Nach Ansicht der Kommission schließen solche Vereinbarungen potenzielle Wettbewerber aus und stellen damit einen schweren Verstoß gegen das Kartellverbot dar – zum Schaden von Patienten und Krankenkassen, die infolge des verzögerten Markteintritts der Generika länger auf das teurere Originalpräparat Citalopram angewiesen waren. „Trotz dieser Entscheidung herrscht nach wie vor Rechtsunsicherheit“, so Ute Zinsmeister, Partnerin bei Ashurst: Zum einen sei nicht klar, unter welchen Voraussetzungen Parteien einen kartellrechtskonformen Patentvergleich abschließen können. Es bleibe daher zu hoffen, dass die Kommission hierzu in ihren ausstehenden Entscheidungen zu drei ähnlich gelagerten Fällen Stellung nimmt. Zum anderen kündigte Lundbeck bereits rechtliche Schritte gegen die Entscheidung an. „Bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage sollten Unternehmen beim Abschluss von Patentvergleichen daher vorsichtig sein“, rät die Kartellrechtsexpertin.
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