CAI – Frischer Wind für chinesisch-europäische Beziehungen?
Neues Regelwerk für M&A-Markt _ Mit der erwarteten Zunahme von Distressed M&A-Deals durch die Corona-Pandemie verknüpfte sich vor allem in Europa auch die Sorge vor einer „Einkaufstour“ chinesischer Investoren und die reihenweise Übernahme in finanzielle Schieflage geratener Unternehmen. Doch die Sorge war weitgehend unbegründet, wie die neueste Analyse der Sozietät Baker McKenzie in Zusammenarbeit mit der Rhodium Group zu den Trends bei chinesischen Auslandsinvestitionen zeigt.
Demnach sanken die chinesischen Investitionen im Ausland im vergangenen Jahr auf 29 Mrd. US-Dollar – das ist der niedrigste Stand seit 2008. Der schon seit einigen Jahren zu beobachtende Negativtrend setzte sich also auch im Corona-Jahr fort. Neben den Auswirkungen der Pandemie war es vor allem die verstärkte Prüfung chinesischer Investitionen in den Zielländern, die Deals verzögerte bzw. verhinderte.
Frischen Wind könnte nun das kürzlich beschlossene Comprehensive Agreement on Investment, kurz CAI, bringen, das in den kommenden Monaten finalisiert und juristisch überprüft wird, bevor dann der Ratifizierungsprozess beginnen kann. Das CAI beinhaltet im Wesentlichen drei Ziele: 1. einen besseren Marktzugang für europäische Unternehmen in China herzustellen, 2. die Wettbewerbsbedingungen gerechter zu gestalten und
3. China auf die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards zu verpflichten.
Das Abkommen soll den Unternehmen mehr Sicherheit durch fairere Wettbewerbsbedingungen und stärkere Transparenzverpflichtungen im Subventionsbereich geben. Garantien sollen EU-Unternehmen Genehmigungen und Verwaltungsverfahren erleichtern. EU-Unternehmen bekommen zudem Zugang zu chinesischen Normungsgremien. Beim Marktzugang geht China umfassende Verpflichtungen in Bezug auf das verarbeitende Gewerbe ein – der wichtigste Sektor für EU-Investitionen in China. Dies betrifft etwa Hybrid- und Elektroautos, Chemikalien, Telekommunikationsgeräte und medizinische Geräte. Umgekehrt bekommen chinesische Investoren Zugang zum europäischen Energie-Binnenmarkt. Zwar sei das CAI allein kein „Game Changer“ – zumal mit einer Unterzeichnung nicht vor 2022 zu rechnen ist –, könne dem seit 2017 zu beobachtenen Abwärtstrend aber entgegenwirken, so Thomas Gilles, Leiter der EMEA-China-Gruppe von Baker McKenzie. „Obwohl der regulatorische und politische Gegenwind für chinesische Investoren in der EU anhalten wird und das CAI keine sofortige Veränderung darstellt, sendet es ein starkes Signal, dass chinesische Investitionen in Europa willkommen sind. Das wird sich wahrscheinlich positiv auf die Psychologie der Anleger auswirken.“
China ist und bleibt einer der wichtigsten Player im internationalen M&A-Markt. Entgegen der in 2020 nur verhaltenden Zukäufe chinesischer Investoren im Ausland, zeichnete sich bei den Investitionen in China bereits Mitte vergangenen Jahres eine Erholung ab. Die relativ frühe und schnelle Erholung Chinas von den Folgen der Corona-Pandemie machte das Land zu einem attraktiven Ziel für ausländische Investoren, die auf kurz- und mittelfristiges Wirtschaftswachstum setzen. „Es ist davon auszugehen, dass 2020 den Tiefpunkt für chinesische Auslandsinvestitionen darstellt, falls der politische und makroökonomische Gegenwind nachlässt“, glaubt Michael DeFranco, Global Head of M&A bei Baker McKenzie. „Die wirtschaftlichen Anreize für chinesische Unternehmen, in europäische und nordamerikanische Märkte zu investieren, bleiben stark, und mehrere Kennwerte – einschließlich höherer nachhaltiger Investitionen westlicher Unternehmen in China – bewegen sich in eine Richtung, die eine größere Anzahl von Transaktionen in beide Richtungen 2021 begünstigt.“
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