Compliance-Tipps für Pioniere

Am 16. Januar 2016 sind bedeutende Teile der internationalen Sanktionen gegen den Iran aufgehoben worden. Trotz aller Euphorie sollte bedacht werden, dass Iran-Geschäfte weiterhin sanktionsrechtlichen Einschränkungen unterliegen. Der Abschluss des Atomabkommens mit dem Iran im Juli 2015 wurde weltweit als großer diplomatischer Erfolg gefeiert. Angesichts der zu erwartenden Lockerung der Sanktionen haben sich viele Unternehmen seitdem auf einen (Wieder-)Eintritt in den iranischen Markt vorbereitet.

Die Bestätigung der Internationalen Atomenergie-Organisation, dass der Iran seinen Verpflichtungen zum Rückbau seines Nuklearprogramms nachgekommen ist, hat nun zu einer weitreichenden Aufhebung der von der EU und den USA verhängten Sanktionen geführt. Weil einige Verbote dieser Sanktionsregime aber auch weiterhin gelten, bleiben Iran-Geschäfte mit Compliance-Risiken verbunden. Alexander Cappel und Tim Nikolas Müller von Clifford Chance erläutern im Folgenden die aktuellen Entwicklungen sowie Chancen und Risiken für Unternehmen.

Die EU-Sanktionen gegen den Iran sind im Zuge des Implementation Day am 16. Januar 2016 deutlich eingeschränkt worden. So wurden insbesondere Verbote in Bezug auf den Handel mit Rohöl, Erdgas, Gold, Edelmetallen und vielen weiteren Gütern aufgehoben. Auch Restriktionen im Hinblick auf Versicherungs- und Bankdienstleistungen wurden beendet. Darüber hinaus sind Melde- und Genehmigungspflichten für Finanztransfers zwischen der EU und dem Iran weggefallen. Eingefrorene Vermögen vieler Unternehmen und Personen wurden wieder freigegeben und Reisebeschränkungen beendet.

Allerdings gelten für den Export bestimmter Güter in den Iran nach dem geänderten EU-Sanktionsregime nunmehr Genehmigungspflichten. Zudem verbleiben eine Reihe von Personen und Unternehmen auf der Sanktionsliste. Ihr Vermögen bleibt eingefroren; ihnen dürfen weder Gelder noch wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, auch nicht mittelbar. Davon betroffen ist etwa Bank Saderat, eine der größten Banken des Iran. Darüber hinaus gelten EU-Sanktionen gegen den Iran, die nicht wegen des Nuklearprogramms, sondern aufgrund von Menschenrechtsverletzungen verhängt worden sind, unverändert fort. Damit ist es nach EU-Recht auch weiterhin verboten, bestimmte Güter ohne die erforderliche Genehmigung in den Iran zu exportieren oder mit bestimmten gelisteten Personen und Unternehmen wirtschaftliche Transaktionen durchzuführen.

Die US-Sanktionen gegen den Iran bleiben zu maßgeblichen Teilen in Kraft. Die Aussetzung der US-Sanktionen betrifft im Wesentlichen Regelungen, die Nicht-US-Unternehmen der Gefahr ausgesetzt hatten, selbst auf die US-Sanktionsliste zu geraten. Die USA hatten sich bis zum Implementation Day vorbehalten, Nicht-US-Unternehmen auf die Sanktionsliste zu setzen, wenn sie Geschäfte durchführen, die dem Zweck der US-Sanktionen gegen den Iran widersprechen, und zwar ungeachtet dessen, ob diese Geschäfte einen Aspekt aufweisen, der einen Anknüpfungspunkt für eine Zuständigkeit der US-Justiz darstellt. Wenngleich diese Gefahr nun nicht mehr besteht, gelten weiterhin die umfassenden US-Sanktionen in Bezug auf Geschäfte, die einen solchen US-Anknüpfungspunkt enthalten. Ein US-Anknüpfungspunkt kann etwa darin bestehen, dass Zahlungen in US-Dollar geleistet, Güter mit US-Ursprung gehandelt oder US-Staatsangehörige in die Transaktion einbezogen werden. Vielen europäischen Unternehmen ist beispielsweise nicht bewusst, dass sie den strikten Regelungen des US-Rechts unterliegen, wenn sie Waren aus der EU in den Iran ausführen möchten, die einen wertmäßigen US-Ursprungsanteil von mehr als 10 % haben.

Chancen und Risiken

Die Lockerung der EU- und US-Sanktionen wird sicherlich zu einem starken Anstieg des Außenwirtschaftsverkehrs mit dem Iran führen. Vielen Unternehmen bietet sich die einmalige Chance, einen neuen Markt zu erobern oder Geschäftsbeziehungen aus der Zeit vor den Sanktionen wieder aufleben zu lassen. Angesichts dieser neuen Möglichkeiten sollten jedoch Compliance-Risiken nicht aus den Augen verloren werden, die mit dem Abschluss von Iran-Geschäften zusammenhängen. Auch darf nicht vergessen werden, dass es zu einem Wiederaufleben der bisherigen Sanktionen kommen kann, wenn der Iran seine Pflichten aus dem Atomabkommen verletzt.

Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen sorgfältig prüfen, ob die geänderten EU-Sanktionen gegen den Iran einem geplanten Geschäft entgegenstehen. Dabei muss beispielsweise analysiert werden, ob die Ausfuhr bestimmter Güter in den Iran Einschränkungen unterliegt oder ob im Rahmen des Geschäfts Güter oder wirtschaftliche Ressourcen an Personen oder Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, die weiterhin auf der EU-Sanktionsliste stehen. Zudem müssen auch europäische Unternehmen darauf achten, dass ihre Iran-Geschäfte keine US-Anknüpfungspunkte aufweisen, die eine Anwendbarkeit der US-Sanktionen begründen.

Insbesondere die USA werden Verstöße gegen ihre Sanktionen nicht ungestraft lassen und energisch verfolgen. Die Strafzahlungen in Milliardenhöhe, die einige europäische Banken in den vergangenen Jahren zahlen mussten, sind ein warnendes Beispiel. Wenn Unternehmen aber mit der gebotenen Vorsicht agieren, können sie historische Wachstumschancen nutzen, ohne sich sanktionsrechtlichen Risiken auszusetzen.

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