Eigentumsvorbehalte in der Zulieferbranche

Zulieferer zählen zu den umsatzstärksten Firmen in Deutschland. So unterschiedlich die Endkundenmärkte der Zulieferer, so standardisiert ist der Ablauf zwischen Bestellung, Lieferung, (Ein-)Bau und Zahlung der gelieferten Teile meistens. Wie allerdings Erfahrungen immer wieder zeigen, ist die rechtliche Ausgestaltung der Geschäftsbeziehung zwischen Zulieferer und Kunde leider nicht annähernd so standardisiert. Welche Risiken die Vertragsgestaltung für Zulieferer sowohl im nationalen als auch internationalen Geschäftsverkehr birgt, erläutern Mike Danielewsky, Partner, und Mareike Schwedler, Associate, von DLA Piper.

Es ist ein alltägliches Geschäft: Der Zulieferer liefert Teile an seine Kunden, aus denen diese Produkte für deren Endkunden bauen. Idealerweise reflektiert die rechtliche Geschäftsbeziehung zwischen Zulieferer und Kunde die Abläufe zwischen Bestellung, Lieferung, (Ein-)Bau und Zahlung interessensgerecht. Vor dem Hintergrund, dass der Zulieferer oftmals in Vorleistung tritt, weil die Rechnungstellung erst mit Lieferung der Teile erfolgt, sollte es für den Zulieferer von grundlegender Bedeutung sein, dass er seine Teile nur unter Eigentumsvorbehalt liefert. Trotzdem zeigt die Praxis, dass sich Zulieferer nicht standardmäßig einen solchen ausbedingen, geschweige denn den passenden. Dies birgt hohe Risiken, insbesondere bei grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften, in denen der ausländische Zulieferer an deutsche Unternehmer liefert, die in die Insolvenz rutschen.

Eigentumsvorbehalte schützen vor Totalverlust

Denn wie in jeder Branche ist die Insolvenz des Geschäftspartners eines der größten Risiken. In diesem Fall werden nicht nur Rechnungen nicht oder nur anteilig beglichen. Mehr noch, ohne Eigentumsvorbehalt hat der Zulieferer nach Übereignung an den Kunden auch sein Eigentum an den Teilen verloren und hat bestenfalls die Aussicht auf eine Insolvenzquote. Behält sich der Zulieferer das Eigentum an seinen Teilen jedoch bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises vor, so kann er in der Insolvenz des Kunden ein Aussonderungsrecht geltend machen und sein Eigentum herausverlangen. Dies gilt, sofern der Insolvenzverwalter den Vertrag mit dem Zulieferer nicht erfüllen möchte. Damit können sich Zulieferer mit nur einer Klausel im Vertragswerk vor einem Totalverlust schützen und haben gegebenenfalls einen wichtigen Verhandlungschip gegenüber der Insolvenzverwaltung.

Einfach – verlängert – erweitert?

Bei der Formulierung des Eigentumsvorbehalts ist darauf zu achten, dass das Vertragswerk auch jeweils die tatsächlichen Vorgänge der Geschäftsbeziehung richtig reflektiert. Liefert der Zulieferer kleinere Teile, die zu einem großen Werk zusammengebaut werden, bringt ihm der einfache Eigentumsvorbehalt keine Vorteile. Dieser geht mit Einbau der Teile ersatzlos unter und der Zulieferer steht vor dem Totalverlust. Ratsam ist hier die Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts, der vorsieht, dass sich die Rechte des Zulieferers an der neu gebauten Sache fortsetzen. In der Insolvenz des Kunden kann der Zulieferer seine Teile herausverlangen, sofern sie noch nicht eingebaut sind. Sind sie jedoch bereits eingebaut, kann der Zulieferer ein Absonderungsrecht an der neuen Sache bzw. an dem Erlös bei Verkauf der neuen Sache geltend machen. Der Schutz des Zulieferers wird damit über die Verarbeitung seiner Teile hinaus erweitert. Auf der anderen Seite muss hier dem Kunden selbstverständlich das Recht eingeräumt werden, die Teile zu verbauen und weiterzuveräußern.

Internationale Geschäftsbeziehungen

Eigentumsvorbehaltsklauseln sind auch bei internationalen Vertragsbeziehungen sorgsam zu formulieren. Hier sind zwei grundlegende Prinzipien zu beachten. Zum einen kann der Grundsatz, dass auf in Deutschland belegene Sachen deutsches Recht Anwendung findet (lex rei sitae), unter Umständen Vertragsklauseln nach ausländischem Recht aushebeln. Zum anderen gilt im internationalen Rechtsverkehr der sogenannte ordre public. Hiernach sind Vertragsklauseln, die gegen fundamentale Grundsätze des deutschen Rechts verstoßen, unwirksam. An dieser Stelle ist es umso überraschender, wie sorglos immer wieder sich widersprechende Allgemeine Auftrags- und Lieferbedingungen nach ausländischem oder nach deutschem Recht vereinbart werden oder gar zweifelhaft ist, welche Bedingungen hier überhaupt gelten sollen. Im Falle der Insolvenz eines Herstellers, zumal wenn der Zulieferer aus dem Ausland stammt, ist es für Insolvenzverwalter oftmals leicht, die für ihn günstigste Variante faktisch zu wählen; Rechtsverfolgung über die Grenze hinweg erschwert es ausländischen Zulieferern, ihre Rechtsposition schnell und günstig durchzusetzen.

Zusammenfassende Bemerkung

Abschließend lässt sich festhalten, dass in Teilen der (ausländischen) Zuliefererbranche über die grundsätzliche Bedeutung von deutschen Eigentumsvorbehaltsklauseln fahrlässige Unwissenheit herrscht. Vor dem Hintergrund, dass Eigentumsvorbehaltsklauseln existenzielle Risiken für Zulieferer deutlich minimieren können, sollten betroffene Auftragsfertiger die Verhandlungen hierüber nicht scheuen.

 

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