Warum ECM ins Zentrum des Geschehens rückt
Die Nachricht lässt aufhorchen: Milbank macht einen seltenen Schritt auf neues Terrain und baut eine eigene Equity-Kapitalmarkt-(ECM)-Praxis auf. Dafür holt die US-Kanzlei Partner Philipp Klöckner und Counsel Nico Feuerstein von Clifford Chance. Das ist allerdings nicht die ganze Story. Denn Milbanks Expansion steht stellvertretend für einen Trend, mit dem sich alle Transaktionskanzleien beschäftigen müssen.
Wann der Wechsel, über den zuerst „Juve“ berichtete, passieren wird, ist noch unklar. Bis dahin dürfte Milbank bei ECM-Themen wie bisher schon mit Sullivan & Cromwell zusammenarbeiten, wo auch Philipp Klöckner viele Associate-Jahre verbracht hat.
Sullivan ist die einzige große Kanzlei, die Börsengänge und Kapitalerhöhungen in Deutschland zu ihrem Markenkern gemacht und damit enormen Erfolg hat. Nirgendwo sonst ist die ECM-Praxis die wichtigste Umsatzlokomotive und noch dazu die Ausgangsbasis für anspruchsvolles M&A-Geschäft, naturgemäß v.a. bei öffentlichen Übernahmen.
Die meisten Transaktionskanzleien sind genau umgekehrt strukturiert: M&A ist das Flaggschiff, ECM deutlich kleiner, manchmal nicht mehr als ein Support-Bereich. Gerade Milbank hatte in Deutschland fast zwei Jahrzehnte lang konsequent ihren Fokus durchgehalten: Corporate, Finance, Steuer- und Kartellrecht, sonst nichts. Wenn die Milbank-Gesellschaftsrechtler IPOs (z.B. Sixt Leasing, Auto1, About You) oder Dual-Track-Verkaufsprojekte begleiteten, holten sie für die konkrete ECM-Arbeit eben Sullivan dazu, so wie spezialisierte Boutique-Kanzleien arbeits- oder IT-rechtliche Fragen übernahmen.
Inzwischen aber gehört Emissions-Expertise zu den zentralen Kompetenzen einer Transaktionspraxis. Gerade im Late-Venture- und Growth-Segment, in dem heute schließlich auch zahlreiche, einst anderweitig fokussierte Private-Equity-Mandanten mitmischen, geht nichts ohne IPO-Option. Auch immer mehr Eigner traditionellerer Unternehmen wollen sich neben dem Verkauf an den Meistbietenden den Weg an die Börse offenhalten.
Diese Bedürfnisse müssen die Kanzleien erfüllen – möglichst aus einer Hand, ohne Reibungsverluste beim Pitch oder im Deal. Einen Monat vor Milbank zeigte das bereits Willkie Farr & Gallagher mit dem Einstieg der Equity-Spezialisten Simon Weiß und Joseph Marx (s. PLATOW Legal + Finance v. 31.5.). Man kann davon ausgehen, dass andere Kanzleien nachziehen werden, wenn sich Gelegenheiten bieten. Die Aktien der ECM-Könner im Markt standen jedenfalls schon mal schlechter.
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