„IVG – „“Shareholder-Autismus““ gibt Rätsel auf“

Gerade einmal drei Wochen ist es her (vgl. PLATOW vom 15.3.), da hatte die IVG Immobilien im vorläufigen Zahlenwerk abermals ein Großreinemachen von 100 Mio. Euro nicht liquiditätswirksamer Verluste aus dem Hut gezaubert. Das mag das Parkett nicht. Ansonsten war aber das operative Geschäft gut gestartet, die Restrukturierung erfolgreich und die Liquidität planbar.

Ein Backgroundgespräch auf der MIPIM mit IVG-Vormann Wolfgang Schäfers bestätigte die „Klarschiff“-Botschaft. Dann gewann The Squaire auch noch einen MIPIM-Award für das weltweit beste Objekt des Jahres seiner Kategorie, der bei der Vermarktung der Mega-Bahnhofsüberbauung richtig Geld wert sein sollte. Zur Bilanz-PK kurz vor Ostern kam dann die Hiobsbotschaft. Die Folgen der Altlasten von rd. 1,7 Mrd. Euro der vorangegangenen Managergeneration sowie neuer externer Herausforderungen „erfordern aus Sicht des Vorstands eine ganzheitliche Restrukturierung der Finanzierung.“ Im Klartext: Aktionäre und Banken müssen sich beteiligen. Die Kommunikationspolitik bereitet Bauchgrimmen. Gerade in der Sanierungsphase ist der Umgang mit Stakeholdern und Shareholdern wichtig. Hier gibt das Management Rätsel auf. Das zerstört Vertrauen in die Immobilien-Szene.

Die IVG war einmal Deutschlands Vorzeige-Immobilien-AG. Den Pleitewellen der 90er Jahre trotzte sie. Riesige stille Reserven wurden ihr zugeschrieben. Berühmter Adel sagte einmal: „Soviel Geld wie wir haben, kann man nicht verlieren, nur verdummen.“ Er schaffte es beinahe. Die IVG zieht nach. Die immobilienwirtschaftliche Misere reicht weit in die 90er Jahre zurück. The Squaire mit seiner voraus gezahlten 70 Mio. Euro Erbpacht an einer zu erstellenden Betonplatte erwies sich im Wandel des Mietumfelds als wenig glücklich. Insgesamt hielt sich auch international die Immobilienmarktentwicklung nicht an das IVG-Investitionsszenario. In der Ära Wolfhard Leichnitz, der Boomphase, gab die IVG mit Bankenhilfe noch einmal richtig Gas. Auf rd. 1,7 Mrd. Euro summiert das aktuelle Management die Altlasten.

Aber noch vor wenigen Wochen schien alles im Griff. Die Aktie erholte sich wieder auf fast 2,50 Euro. Seit dem 5.3. stürzt der Kurs ins Bodenlose. Nach Ostern notierte der Titel nur noch knapp über 60 Cent auf Pennystock-Niveau. Das Düsseldorfer Bankhaus Lampe setzte Gründonnerstag das Kursziel für IVG Immobilien auf sage und schreibe 0,20 Euro herab. Bei der geplanten Restrukturierung sind die Aktionäre lt. Analyst Georg Kanders in einer sehr schlechten Position. Insgesamt sei von einer sehr deutlichen Verwässerung des Vermögens der aktuellen Aktionäre durch (Teil-)Umwandlung von Schulden in Eigenkapital auszugehen. Der Konzern sieht sich laut „Börsen-Zeitung“ bei seiner Schuldenlast von 4,2 Mrd. Euro selbst zurzeit nicht mehr als nachhaltig kapitalmarktfähig an. Über 3 Mrd. Euro insgesamt bzw. auf Konzernebene 2,4 Mrd. Euro müssen bis Ende 2014 refinanziert werden. Die HV wurde vom 16.5. auf Ende Juli verschoben.

Das wirft Fragen über den Umgang mit Presse, Analysten und Aktionären auf. Was war denn 3 Wochen zuvor oder noch länger nicht bekannt? Auf der MIPIM gab es ein paar Gerüchte, wie sie sich allerdings immer in einem schwierigen Umfeld bilden. Hürden seien vielleicht noch nicht endgültig genommen. The Squaire bleibe ein Damoklesschwert. Das hatte PLATOW aber schon lange thematisiert. Praktiker vermuten denn auch, dass bei der AR-Sitzung jemand das Thema Haftung angeschnitten hat. Aber selbst existenzgefährdende Neuigkeiten aus der AR-Sitzung hätten direkt danach veröffentlicht werden müssen. Selbst für Immobilien-Langfristdenker, die nicht Anhänger ausschließlichen Shareholder-Value-Denkens sind, führt „“Shareholder-Autismus““ zu Börsen-Phobien.

Der unübliche Kursverlauf mit einem seit dem 5.3. ununterbrochenen Kursrückgang trotz Klarschiff-Botschaft und guten Nachrichten drängt die Frage auf, ob es nicht vielleicht „besser informierte“ Aktionäre gegeben hat. Theoretisch kann man auch über ein böses Spiel, bei dem ein günstiger Einstieg für einen weißen Ritter gesucht wird, nachdenken. Außerdem: Warum sollte eine Bank bei knapp 1 Mrd. Euro offiziellem NAV über echten Forderungsverzicht nachdenken? Auf jeden Fall scheint klar, dass die IVG vor einem kommunikativen Desaster steht. Hoffentlich bleibt es dabei. In Nibelungentreue glauben wir an die Korrektheit des Managements und überlassen Schäfers das Schlusswort to whom it may concern: „Die operativen Fortschritte des abgelaufenen Geschäftsjahres sind ein klarer Beleg für die Innovationskraft, Transaktionsstärke und Asset Management-Expertise der IVG. Wir konnten damit auch die Tragfähigkeit unseres Geschäftsmodells unter Beweis stellen, das wir im Rahmen des seit 2009 laufenden Konzernumbaus sukzessive umgesetzt haben.“

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