Gold – Klassisches Asset vor neuen Herausforderungen
zwischen Bitcoin-hype und Nachhaltigkeit _ Ein Portfolio ohne Goldbeimischung von 5 bis 10% ist nicht vollständig. Dieser Überzeugung von Michael König (Deutsche Börse Commodities, Xetra Gold) würden die wenigsten widersprechen. Und da die Weltwirtschaft vor immensen Herausforderungen steht, nicht nur coronabedingt, verliert das Edelmetall auch in der heutigen Zeit nichts von seiner Strahlkraft als Krisenversicherung.
Abseits der Pandemiefolgen (historisch hohe Staatsverschuldung) kommen geopolitische Eruptionen wie die Konflikte zwischen den USA und Russland oder China, die EU-Flüchtlingsproblematik oder die Spannungen der Türkei mit ihren Anrainern hinzu. Gepaart mit hartnäckigen Null- und Negativzinsen und der für Sparer dadurch schleichenden Geldentwertung blieben Sachwerte und Aktien alternativlos, betont König. Doch auch der Evergreen unter den Anlageklassen muss sich neu behaupten. So wächst denn beim Gold der Druck, den Zweiklang aus Rendite und Nachhaltigkeit zu beherrschen. Der Markt reagiere bereits darauf, weiß König. Emittenten seien aber auch auf den Verbraucher angewiesen, die Rohstoffkreislaufkette zu „füttern“, etwa mit ausrangierten Smartphones, in denen wertvolle Seltene Erden wie Kupfer, Platin oder Kobalt verborgen sind. Für ein Kilogramm Feingold braucht es etwa 4 Tonnen Smartphones oder 200 t Erz. Recyclinggold ist auf dem Vormarsch und nicht nur wegen des Nachhaltigkeitsaspekts erstrebenswert. Da die Goldmenge limitiert ist – 171 300 t sind im Umlauf, 52 000 t noch abbaubar – können Recyclingprozesse das knappe Angebot stabilisieren.
Gold und Bitcoin – Nicht Freund, nicht Feind
Wenngleich dieser limitierende Faktor der Grund für den ewigen Vergleich von Gold mit Bitcoin ist, ziert sich König davor, die Kryptowährung als digitales Gold anzuerkennen. Er störe sich an den hehren Versprechen, die bei den Pionieren der Crypto-assets stets mitschwingen: Da ist zum einen die Unabhängigkeit von bzw. das tiefsitzende Misstrauen gegen etablierte Finanzintermediäre; zum anderen das Image des Heilsbringers für soziale Gerechtigkeit. 2 Mrd. Menschen weltweit sind aufgrund fehlenden Zugangs zu den modernen Zahlungssystemen zwar von den Wirtschaftskreisläufen abgeschnitten. Wie die Digitalmünze das ändern sollte, sei König jedoch schleierhaft, auch wenn der Gedanke löblich und sympathisch sei. Einer ordo-liberalen Wirtschaftsordnung mit einem vom Staat geschaffenen Ordnungsrahmen kann König schlicht mehr abgewinnen als dem sozial-anarchistischen Konzept des Bitcoin.
Bei den konservativen Anlegern im Plenum erntet König an dieser Stelle viel Beifall. Der Blockchain allerdings schreibt König durchaus eine Zukunft zu. Den Status des „Trusted Assets“, wie ihn sich Gold über Jahrhunderte nun schon verdient hat, hat die Kryptowährung in der Tat noch nicht. Auch eine spekulative Facette haftet dem Cryptocoin nach wie vor an. Zu Recht, bei einem Asset, dessen Volatilität durch einen einzelnen Tweet, wie Elon Musk ihn jüngst absetzte, so massiv beeinflusst werden kann. Dennoch, die digitale Ur-Münze als Asset sollte trotz aller Skepsis alleine schon wegen ihrer Marktkapitalisierung von rd. 600 Mrd. US-Dollar, damit ist Bitcoin schwergewichtiger als jede Bank, und den regulativen Fortschritten im Handel mit Cryptos (bspw. MiCa) nicht mehr ignoriert werden. Seine Protagonisten verweisen zudem auf die Rendite, die nicht nur das Gold um Längen schlägt.
Foto: Michael König, Deutsche Börse Commodities. Fotograf: Jose Poblete
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