ESG und Corona zwingen zu aktivem Vermögensmanagement
China gibt den Takt vor _ Niedrigzinsen, die Folgen der Pandemie, aber auch geopolitische Spannungsherde beeinflussen unmittelbar die Anlageentscheidungen von Investoren. Gleichzeitig gilt es, sich den Megatrends unserer Zeit zu stellen, der Digitalisierung und den ESG-Themen. Unter strengen Hygieneauflagen hatte PLATOW auch dieses Jahr wieder zum PLATOW EURO FINANCE Investorenforum geladen. Den professionellen Streifzug durch die Anlageklassen verfolgten ca. 100 Gäste live vor Ort im Frankfurter City Hilton. Mehr als 200 waren digital zugeschaltet. Moderiert von PLATOW Herausgeber Albrecht F. Schirmacher, gaben Experten namhafter Häuser Einblicke in ihre Anlagestrategien.
Der neue Taktgeber der Weltwirtschaft
Dass China zum Hauptmotor für Ostasien geworden ist, dürfte spätestens seit dem Ausbruch von Corona unbestritten sein. Doch für Keynote-Redner Gerhard Wiesheu, Partner beim Frankfurter Bankhaus Metzler, ist die Wachstumsdynamik „noch lange nicht am Ende“. Betrachtet man allein das BIP pro Kopf, so befindet sich China aktuell mit 10 000 US-Dollar auf dem Stand von Japan 1985 bzw. Südkorea 1998. Die Kaufkraft der Chinesen nahm in nur zehn Jahren (2009 bis 2019) gewaltig von 2,6 Bio. auf über 8 Bio. Dollar zu. Im Laufe der nächsten Dekade werde das Reich der Mitte mit 17 Bio. Dollar fast einen Gleichstand mit den USA erreichen, so Wiesheus Prognose. Zu verdanken habe China den Wiederaufstieg zur Weltmacht vor allem der Industriepolitik. Mit rd. 600 Mrd. Dollar für Forschung und Entwicklung schließt China inzwischen zu den USA auf. Da sind selbst technologisch überaus anspruchsvolle Landungen auf der Rückseite des Mondes möglich.
In dem kommunistischen Land wiederhole sich aktuell, was bereits Japan vormachte. In einer Periode der Abschottung wurden unter Ausschluss der internationalen Märkte nationale Champions generiert, die schließlich auf dem Weltmarkt in Konkurrenz traten und durch staatliche Förderung die notwendigen Innovationen vorantreiben konnten. Doch selbst innerhalb der obersten Führungsriege der Kommunistischen Partei (KPCh) blickt man inzwischen mit Argwohn auf die Entwicklungen. Denn einige Tech-Giganten werden schlicht zu groß. Es droht Kontrollverlust. Die KPCh sehe sich daher gezwungen, „die Daumenschrauben anzuziehen“, erklärt der Metzler-Bankier. Bestes Beispiel: Alibaba. Von Gründer Jack Ma fehlte 2020 plötzlich jede Spur. Investoren sollten dies bei einem Investment klar berücksichtigen.
Auch steht die KPCh vor demographischen Herausforderungen. Versuchte sie etwa noch mit der 1-Kind- und später der 2-Kind-Politik aktiv in die Familienplanung der Chinesen einzugreifen und das Bevölkerungswachstum zu reglementieren, so erscheint die jüngst eingeführte 3-Kind-Politik fast wie ein vergebliches Aufbäumen. Zeigen doch Japan oder Deutschland, dass Maßnahmen für mehr Kinder weitgehend verpuffen. Vielmehr, so Wiesheu, müssten die Chancen von Digitalisierung, Robotik, Städtebau und Mobilisierung erkannt werden, damit auch bei einer schrumpfenden Bevölkerung die Produktivität weiter steigen könne. Gleichwohl spricht sich der Asien-Experte klar für Investments in Asien und vor allem China aus. Von den 2,2 Bio. Dollar, mit denen institutionelle Anleger im Ausland investiert sind, entfallen nur 3,3% auf diese Region. Das sei noch „viel, viel, viel zu wenig“.
Foto: Gerhard Wiesheu, Metzler. Fotograf: Jose Poblete
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