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China – Schuldenprobleme im Reich der Mitte

Die Bitte um eine Untersuchung des Corona-Ausbruchs in Wuhan hat Australien viel Ärger mit China eingebracht.
Die Bitte um eine Untersuchung des Corona-Ausbruchs in Wuhan hat Australien viel Ärger mit China eingebracht. © cc0

_ Die regierenden Ex-Kommunisten müssen derzeit lernen, was der französische Romancier Honoré de Balzac schon wusste: Kleine Schulden sind ein Problem für den Schuldner, große Schulden ein Problem für die Gläubiger.

Daran ändert auch die Knebelung der Schuldner („Belt by Debt Initiative“) mithilfe von Geheimklauseln nichts, die China in die Kreditverträge zum Ausbau der „Neuen Seidenstraße“ („Belt and Road Initiative“) eingebaut hat. Die global anziehenden Zinsen und die vor diesem Hintergrund wachsende Vorsicht der internationalen Anleger erschweren Refinanzierungen und verknappen die verfügbare Liquidität. Die aktuellen Probleme und Ausfälle von Sri Lanka, Zambia oder Ghana sind wohl nur der Beginn einer neuen Welle, die zu einer neuen Schuldenkrise werden könnte. China wird als größter Finanzier der Emerging Markets dabei den größten Schaden erleiden.

Schuldenstatistiken der Weltbank für 68 potenziell begünstigte Länder der Stundungsinitiative der G20 weisen aus, dass etwa 60% von ihnen bereits als gefährdet anzusehen sind und diese Länder bei China bereits per Ende 2020 mit rd. 110 Milliarden US-Dollar in der Kreide standen – das entspricht mehr als der Hälfte der Gesamtschulden. Acht Länder, darunter Angola und Laos, werden mehr als 2% des Bruttonationaleinkommens dafür aufwenden müssen. Ein kürzlich erschienenes Papier des Shanghai Institute for International Studies (siis) fordert bereits eine „neue Version“ des Brady-Plans.

Darüber hinaus soll die bislang undurchsichtige Kreditvergabe transparenter gestaltet und enger mit den USA und anderen Mitgliedern des Pariser Clubs abgestimmt werden, um eine „gerechte und faire Lastenteilung zwischen allen Gläubigerkategorien“ zu gewährleisten.

Diese Orientierung kommt nicht von ungefähr: China sieht sich gezwungen, Notkredite bereitzustellen, um Kreditnehmern aus der Klemme zu helfen. Nach Angaben des US-Forschungsinstituts AidData haben staatliche chinesische Banken in den vergangenen vier Jahren fast 24 Mrd. Dollar an Zahlungsbilanzkrediten an Pakistan und Sri Lanka vergeben. China arbeitet daher auch zunehmend mit dem IWF und dem Pariser Club etwa bei der Behandlung der aktuellen Fälle Zambia oder Äthiopien zusammen.

Die kommunistische Führung löst sich damit vom Narrativ der Überlegenheit der Finanzierung der Schwellenländer durch das Schwellenland China. Stattdessen folgt das Reich der Mitte seinen Interessen als exportstarke Wirtschaft, die auf einen funktionierenden globalen Handel und frei fließende Finanzströme angewiesen ist und letztlich zur Integration Chinas in das westlich geprägte, multilaterale System führt. China wird seine Interessen innerhalb dieses Rahmens weiter mit aller Härte vertreten – diesen Rahmen aber auch akzeptieren. Damit distanziert sich Peking gleichzeitig weiter von Russland, das eben diesen Rahmen abschütteln will. Damit sollten Anlagen im russischen Einflussbereich gerade auch unter langfristigen Perspektiven als riskanter angesehen und bewertet werden.

Im Hinblick auf die chinesischen Märkte darf trotz allen Säbelrasselns zwischen Peking und Washington wegen der Interessenlagen eher mit einer positiven Entwicklung gerechnet werden: Das gemeinsame Interesse geht klar über den Pazifik hinaus.

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