Bauernproteste – Drahtseilakt für Ministerin Klöckner
Julia Klöckner steckt bei den Protesten ihrer Bauern in der Klemme: Einerseits ist es Aufgabe der Ministerin, die Sorgen und Nöte ihrer Schützlinge ernst zu nehmen, andererseits muss sie auch die negativen Folgen intensiver Landwirtschaft auf Mensch, Tier und Umwelt im Blick haben. Eine klare Haltung fiel der CDU-Politikerin beim neuerlichen Bauernprotest, diesmal mit 5 600 Trekkern direkt vorm Brandenburger Tor, daher schwer.
An Verständnis für die seit Monaten gegen noch schärfere Regeln zum Insekten- und Umweltschutz sowie weitere Düngebeschränkungen Sturm laufenden Bauern mangelt es fraktionsübergreifend nicht. Doch Klöckner sitzt Brüssel im Nacken, das mit hohen Strafen von bis zu 800 000 Euro am Tag droht. Die Umsetzung der von vielen Bauern als Schikane empfundenen Auflagen zum Schutz des Grundwassers drängt und die Agrarministerin steht mit dem Rücken zur Wand. Denn Zeit, um die von Landwirten geforderten „kooperativen Naturschutzmaßnahmen“ zu diskutieren, ist wenig.
Der frisch ausgehandelte Agrarhaushalt 2020 muss denn als Faustpfand reichen, um die wütend nach Berlin gepilgerten Bauern zu beruhigen und die Kuh in Brüssel vom Eis zu holen. Der Agrar-Etat steigt um 400 Mio. auf fast 6,7 Mrd. Euro. Dazu kommen noch die Mittel aus dem Klimafonds. So viel Geld für Landwirtschaft, Forst und ländliche Räume gab es noch nie. „Die Bauernfamilien bekommen damit die Wertschätzung, die sie verdienen“, kommentiert Klöckner den Rekordhaushalt ihres Ministeriums. Doch die Probleme der Betriebe sind auch nicht gerade klein.
Von allen Seiten gibt es Druck: weniger Umweltbelastung, mehr Tierwohl, bessere Qualität zu gewohnt kleinen Preisen. Das könnten die Höfe nicht alleine stemmen, mahnt Bauernpräsident Joachim Rukwied. Müssen sie auch nicht, hält Klöckner dagegen. Die konkreten Maßnahmen des Agrarpakets will sie am runden Tisch erarbeiten. Ihren Bauern hält sie damit ein Hintertürchen auf. Auch die Kanzlerin wird am 2.12. noch das Gespräch suchen, bevor in Brüssel die Agrarpolitik der nächsten zehn Jahre verhandelt wird.
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