Bankensektor

Verbriefungen – Wird ihr Potenzial überschätzt?

Verbriefungen – Wird ihr Potenzial überschätzt?
Verbriefungen – Wird ihr Potenzial überschätzt? © CC0

_ In der Theorie ein großartiges Instrument, praktisch aber kaputtreguliert – so lautet inzwischen das Bild, das von weiten Teilen der deutschen Financial Community zu Verbriefungen in Europa geteilt wird. Dabei könnten diese dafür sorgen, dass mehr Geld in die digitale und grüne Transformation der Wirtschaft fließt.

Mit diesem Argument gelang es dem Finanzsektor zuletzt, u.a. Bundesfinanzminister Christian Lindner zu überzeugen. Er will sich dafür einsetzen, die Hürden für Verbriefungen zu senken. Im September will der Bundesverband deutscher Banken (BdB) sogar einen Abschlussbericht zu Verbriefungen mit großem Brimborium an Finanzstaatssekretär Heiko Thoms übergeben. Doch was ist, wenn das positive Potenzial von Verbriefungen weit überschätzt wird?

Das legt nun zumindest eine Analyse des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) nahe. „Im Vergleich zu grünen Anleihen bieten grüne Verbriefungen institutionellen Investoren die Möglichkeit, grüne Projekte direkt zu finanzieren”, sagt Frank Brückbauer, Wissenschaftler des ZEW-Forschungsbereichs „Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte“, zwar. Sie wüssten gemäß dem Policy-Paper des ZEW in diesem Falle genau, welches Projekt sie finanzieren. Bei allgemein gehaltenen Green Bonds ist das nicht automatisch der Fall.

Doch müssen Banken dazu laut Brückbauer erstens selbst grüner werden, soll heißen genügend grüne Kredite vergeben. „Zweitens ist der Verkauf von Krediten via Verbriefungen für Banken nur interessant, wenn die Möglichkeiten zur Kreditvergabe das übersteigen, was sie mit ihrer Eigenkapitalausstattung leisten können und wollen.“ Und genau dazu haben Banken laut dem Policy-Paper auch andere Optionen: „Privatkundeneinlagen sind in der Regel die günstigste Form der Refinanzierung für Banken und werden in den regulatorischen Liquiditäts- und Refinanzierungsvorschriften bevorzugt behandelt”, arbeiten die Autoren heraus.

Zudem verweisen sie auf Berechnungen von EZB und ESRB (European Systemic Risk Board), nach denen Covered Bonds seit 2012 die günstigste marktbasierte Refinanzierungsform für Banken seien – günstiger als vorrangige unbesicherte Anleihen und Verbriefungen mit der höchstmöglichen Bonität.

Und auch aufseiten der Privatinvestoren, die verbriefte Kredite erwerben könnten, sehen die Autoren Probleme. Denn sie könnten stattdessen auch in Pfandbriefe investieren – und die gelten im Vergleich zu verbrieften Kredittranchen derzeit als sichere Anlageklasse. „Die Verbriefung kann sicherlich eine Rolle bei der besseren Integration von Banken und Kapitalmärkten und bei der Finanzierung des grünen Übergangs spielen“, heißt es in dem Papier. Doch die Autoren sind der Meinung, dass das Narrativ des aktuell diskutierten Modells zur Wiederbelebung der europäischen Verbriefungsmärkte nicht sehr realistisch ist. jan

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