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BaFin zu spät – BSW stellt Produktklassifizierung um

Mark Branson, BaFin-Präsident
Mark Branson, BaFin-Präsident © BaFin/Matthias Sandmann

_ Mark Branson wollte eigentlich über die zu komplexen EU-Aufsichtsregeln referieren, als ihm auf der BaFin-Jahres-PK im Mai eine Frage zum aktuellen Boom von Anlagezertifikaten gestellt wurde.

Das Marktvolumen für strukturierte Wertpapiere kletterte laut Branchenverband BSW bis Ende 2023 um 40% auf 112 Mrd. Euro. Seit Lehman stehen die Papiere im Ruf, nicht für jeden Anleger passend zu sein und eher den Emittenten die Taschen zu füllen. Der BaFin-Chef wollte denn auch umgehend prüfen, ob Produktangebot, Beratung und Vertrieb im Einklang mit Verbraucherinteressen stünden. Die Untersuchung soll im Juli starten. Banken und Sparkassen werden Fragebögen zugesandt, auf Verlangen müssen sie Beratungsprotokolle vorlegen. Auch Mystery-Shopping wollte Branson nicht ausschließen.

Allerdings ist der BaFin-Chef mit seiner Untersuchung spät dran. Wie wir aus sicherer Quelle hören, wird der BSW voraussichtlich im Juli die seit 15 Jahren nicht mehr angepasste Produktklassifizierung umstellen. Das wurde nach neunmonatiger Vorbereitung auf einer Mitgliederversammlung im Frühjahr beschlossen. Eine kaum noch nachgefragte Produktkategorie wird dabei ganz entfallen, eine neue wird geschaffen. So wird es bei den strukturierten Anleihen, die zuletzt für 53% des Marktvolumens standen, eine Konkretisierung geben. Hier wurden bisher verschiedene Produkte über einen Kamm geschoren (u.a. Stufen-, Festzinsanleihen).

Durch die Umstellung wird es nicht nur zu einer Verschiebung im Emittentenranking kommen, sondern auch zu mehr Transparenz. So ist der Absatzsprung bei strukturierten Wertpapieren vor allem auf die hohe Nachfrage nach Zins- bzw. Bankanleihen zurückzuführen. Diese verfügen über keine derivativen Elemente und entsprechen mit festem Kupon, fester Laufzeit und 100% Kapitalschutz eher einem Festgeld als einem Hebelprodukt. Während Letztere vor allem über Neobanken vertrieben werden und keinen besonders starken Nachfrageanstieg zu verzeichnen hatten, sind Erstere seit Rückkehr der Zinsen im letzten Jahr bei Kunden von Sparkassen, Volksbanken und anderen klassischen Banken sehr beliebt.

Von einem Zertifikate-Boom kann also kaum die Rede sein, eher von einem Boom bei Bankanleihen. Das dürfte auch die BaFin schnell feststellen, so die Hoffnung in der Branche. Die Umstellung der Kategorien wird am Ende auch zu einer Verschiebung im Anbieterranking führen. Bisher gab es beim BSW keine exakten Vorgaben zur Datenlieferung in der Kategorie strukturierte Anleihen. Das hat dazu geführt, dass etwa LBBW als Marktführer sowie Deka und Helaba ihre Zahlen inkl. Zinsanleihen gemeldet haben, die DZ Bank aber nicht. Während der Zinsflaute, als die Produkte nicht so stark gefragt waren, hat dies die Statistik kaum beeinflusst. Wenn ab Juli auch die DZ Bank Zinsanleihen meldet, wird sie im Emittentenranking klare Nr. 1 sein. mr

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