Steuerreform – Altmaier kämpft um sein Amt
Prompter hätte die Reaktion kaum ausfallen können. Der von Reinhold von Eben-Worlée geführte Verband der Familienunternehmer gilt als einer der schärfsten Kritiker von Wirtschaftsminister Peter Altmaiers Industriestrategie. Statt sich um nationale Champions zu kümmern, solle Altmaier besser den Mittelstand durch steuerliche Entlastungen und geringere Energiekosten stärken, forderte Eben-Worlée am vergangenen Mittwoch in Berlin. Nur einen Tag später verkündete Altmaier, dass er Entlastungen bei der Körperschaftsteuer, dem Soli oder auch bei den Energiepreisen weiter für möglich halte. Kurz zuvor hatte Finanzminister Olaf Scholz gerade die neue Steuerschätzung präsentiert.
Die Konjunkturabkühlung drückt in den kommenden Jahren auch auf die Steuereinnahmen. Bis 2023 müssen Bund, Länder und Gemeinden mit 124,3 Mrd. Euro weniger auskommen als noch im Herbst prognostiziert. Davon entfallen allein auf den Bund etwa 74 Mrd. Euro. Mit seiner Forderung nach einer Unternehmenssteuerreform dürfte der Wirtschaftsminister aber keineswegs nur die vergrätzten Familienunternehmer im Blick haben. Angesichts schrumpfender Verteilungsspielräume will Altmaier sich und die CDU wieder verstärkt als Wirtschaftspartei profilieren. Zugleich ist Altmaiers Forderung nach Steuersenkungen eine kaum verhüllte Kampfansage gegen die sozialpolitischen Projekte des GroKo-Partners SPD wie die so genannte Grundrente von Arbeitsminister Hubertus Heil. Seit Friedrich Merz unverhohlen auf ein Ministeramt schielt, muss Altmaier um seinen Posten bangen. Fraglich ist denn auch, wie ernst es dem Wirtschaftsminister mit der Durchsetzung seiner Forderungen tatsächlich ist. Denn zusammen mit der glücklosen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gehört Altmaier zu den wenigen CDU-Politikern, die kein Interesse an einem Scheitern der GroKo unter Kanzlerin Angela Merkel haben. In den nach der Europawahl anstehenden GroKo-Verhandlungen um die künftigen Prioritäten der Regierungspolitik dürfte der Wirtschaftsminister kaum eine harte Kampflinie gegen den Koalitionspartner SPD fahren. Für die Wirtschaft wird Altmaier wohl auch weiterhin eine Enttäuschung bleiben.
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