Inflation

Geldmenge steigt wieder – und sorgt für Debatten

Die EZB mit Hauptsitz in Frankfurt am Main
Die EZB mit Hauptsitz in Frankfurt am Main © Unsplash

_ Die Geldmenge ist ein umstrittener Indikator für die Inflation. Viele Experten haben sie in den vergangenen Jahren als irrelevant abgetan, weil es längere Phasen gab, wo sich kein klarer Zusammenhang zur Inflation zeigte.

Seit dem Preisschub in der Pandemie wird die Geldmenge aber wieder stärker diskutiert. Vor dem drastischen Anstieg der Inflation war sie stark gestiegen. Danach folgte ein historischer Rückgang. Aktuell gibt es wieder eine Trendwende. Im Dezember 2023 legte die Geldmenge erstmals seit vergangenem Juli wieder zu und stieg um 0,1% zum Vorjahr. Mehrere prominente Ökonomen betonten zuletzt, dass die Geldmenge als Signal doch wertvoll sein kann.

So argumentierte die einflussreiche EZB-Direktorin Isabel Schnabel, dass das Geldmengenwachstum für die Inflation „nach wie vor eine Rolle spielt“, vor allem in Umbruchphasen. In welchem Maße es sich bemerkbar macht, hängt aus ihrer Sicht von der jeweiligen Wirtschaftslage ab. Vor allem in Deutschland hat die sogenannte Geldmengentheorie noch Anhänger. Die Bundesbank zählte lange zu den Verfechtern dieses Konzepts, das auf den US-Ökonomen Milton Friedman zurückgeht, und besagt, dass die Inflation letztlich ein monetäres Phänomen sei.

In Lehrbüchern gab es dazu eine einfache Gleichung. Ihr zufolge hängen die Preise bei einem gegebenen Bruttoinlandsprodukt von der Geldmenge und der Umlaufgeschwindigkeit ab. Das Problem war nur: Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes kann stark variieren. Gerade in der Niedrigzinsphase nach der Finanzkrise ließ sich kein Zusammenhang zwischen Geldmengen- und Inflationsentwicklung finden. Das trug dazu bei, dass die alte Philosophie der Bundesbank immer mehr an Bedeutung verlor. Das änderte sich erst durch die Pandemie wieder ein wenig.

Einer, der sich für eine gewisse Rehabilitation der Geldmenge als Indikator für die Notenbanken einsetzt, ist der frühere Chef der Bank von England, Mervyn King. Er kritisierte, dass sich die führenden Geldpolitiker während der Pandemie viel zu sehr auf ihre Prognosemodelle verlassen hätten, die ein schnelles Ende des Preisschubs vorhersagten. Aus seiner Sicht hätten sie auch auf andere Indikatoren wie die Geldmenge stärker schauen müssen.

Die EZB führte zwar als Erbe der Bundesbank die so genannte monetäre Analyse weiter fort, aber eigentlich interessierte sich in der Notenbank keiner mehr dafür. Die Aussagen von Schnabel und King lassen sich auf einen Nenner bringen: Die Geldmenge ist kein verlässlicher Indikator für die Inflation, aber auch kein nutzloser. Sie kann in bestimmten Situationen wichtige Hinweise liefern. Die neue Trendwende bei der Geldmenge deutet an, dass sich das Verhältnis von Inflation und Geldmenge wieder ändert. Es könnte sich perspektivisch wieder dort einpendeln, wo es vor der Pandemie lag. jam

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