Geldpolitik

Zinskurve – Zurück zur Normalität?

Am Mittwoch war es soweit: Die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe lag erstmals seit Juli 2022 wieder leicht über der der zweijährigen, wodurch die bisher invertierte Zinsstrukturkurve zurück in positives Terrain drehte. Es war die längste Inversion in der Geschichte.

Fed-Gebäude in Washington
Fed-Gebäude in Washington © Fed

Normalerweise sind die Renditen langfristiger Anleihen aufgrund des Inflationsrisikos höher als die kurzfristiger Anleihen, und historisch folgte auf die Inversion häufig eine Rezession. Die Erwartung, dass die Fed nun die Zinsen senken wird hat den Aktienmärkten zu neuen Hochs verholfen (siehe dazu DAX, Dow Jones oder der japanische Topix).

Doch die Volatilität bleibt enorm, wie der „Flash-Crash“ Anfang August, die jüngsten Abverkäufe bei „Big Tech“ aus den USA und ihren Zulieferern (z. B. Nvidia und ASML) und der schwache Start in den, wohlgemerkt, statistisch immer schwächeren September zeigen.

Das spricht für eine Gemengelage mit zahlreichen Risiken: Der Markt preist aktuell 100 Basispunkte dieses und 150 nächstes Jahr ein. Gegen diese Zinssenkungen spricht ein (bisher) solides Wirtschaftswachstum und solider Konsum. Der US-Arbeitsmarktbericht für August folgt am Freitag (6.9.).

Enttäuschungspotenzial bietet Big Tech nicht nur aufgrund der hohen Bewertungen, sondern auch wegen den Bestrebungen hin zu mehr Regulierung in den USA, Europa („Digital Markets Act“) und zunehmend auch Asien (siehe Alphabet, Apple). Auch wird am Markt immer öfter die Frage gestellt, ob die massiven Investitionen in das Thema „KI“ auch erträgliche Renditen auf das investierte Kapital abwerfen werden.

Unserer Meinung nach durchaus berechtigt. Passend dazu ist die Herabstufung von ASML durch die Investmentbank UBS diese Woche. Die Analysten rechnen mit einer Normalisierung der Wachstumsraten: Tritt das ein, dürfte die Bewertung, die aktuell noch 20% über dem Schnitt der letzten 10 Jahre liegt, unter Druck geraten. Nicht zu vergessen sind die geopolitischen Spannungen, insbesondere Ukraine/Russland, China/Taiwan und neuerdings Japan sowie der Nahost-Konflikt.

Chancen bieten sich derzeit in Europa, das quasi täglich in den Medien abgeschrieben wird (insbesondere Deutschland), wo infolge die Bewertungen teils historische Tiefststände erreicht haben. Das Chance/Risiko-Verhältnis erscheint uns dort am höchsten. js

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