Der Gegenwind aus den USA nimmt zu
Seit seinem Zweieinhalbjahreshoch am 2.10.24 ist der MSCI Emerging Markets um über zehn Prozent gefallen. Aktien aus den Industrieländern sind in dieser Zeitspanne hingegen gestiegen, wie die beiden Indizes, DAX (+7,3%) und S&P 500 (+2,3%), zeigen. Auch unser EM-Musterdepot bekam diesen Druck auf die Schwellenländermärkte zu spüren. Angesichts geplanter Handelszölle des designierten US-Präsidenten stoßen Anleger Aktien aus den Emerging Markets ab. Doch auch die historisch hohen Anleiherenditen in den USA sowie der starke US-Dollar werden zur Belastung für Risikomärkte. Nachdem 2024 bereits 31 Milliarden US-Dollar aus globalen Schwellenmarkt-Aktienfonds abgezogen worden waren, sind es in diesem noch jungen Jahr laut JP Morgan bereits 3 Milliarden. Höhere US-Zinsen und ein starker Greenback machen Investitionen in risikoreichere Asset-Klassen vergleichsweise unattraktiv.
Die Wette der Anleger: Inflationäre Politiken wie Zölle und Steuersenkungen unter Trump dürften gemeinsam mit der noch florierenden US-Wirtschaft die Zinsen länger als erwartet hochhalten. Laut CME Watch Tool erwartet rund die Hälfte einen nächsten Zinsschritt erst zur Sitzung am 18. Juni. Neben US Small Caps sind es aber gerade die großen Märkte des MSCI EM, die unter dieser Situation leiden: China (-7,5%), Indien (-9,0%) und Brasilien (-9,4%) liegen allesamt hinten. Diese Länder könnten jetzt versuchen, ihre Währungen abzuschwächen, um ihre Exporte wettbewerbsfähiger zu machen. Das würde jedoch gleichzeitig ihre Dollargewinne drücken.
China praktiziert dies schon seit Jahren: So haben die Exportpreise der Volksrepublik ihren Höhepunkt zur Corona-Krise erreicht und sind seither um fast 20% gesunken, während die Preise global nur um 5% nachgaben. Diese reale Abwertung des Renminbi hat in den letzten fünf Jahren die Exporte Chinas um fast 40% gesteigert, während weltweit nur 3% mehr exportiert wurde. Diese Überschüsse fließen großteils in andere Schwellenländer und sorgen dort für desinflationäre Impulse. Zölle der USA würden die überschüssigen Kapazitäten Chinas erneut in die EM fließen lassen. Am US-Defizit machen diese Länder inzwischen 55% aus, während der Anteil Chinas, das an diesem Freitag (17.1.) das BIP von 2024 verkündet, auf unter 30% gefallen ist.
Die Absetzbewegung bei Schwellenland-Aktien hat in der Vergangenheit aber auch Kaufgelegenheiten geschaffen. Hier gilt es genau zu selektieren: Vor allem China, das sich wirtschaftlich nur langsam erholt, hat es bei Einzeltiteln mit heftigem Gegenwind zu tun. So setzte das Pentagon jüngst Tencent, das für rund vier Prozent des MSCI EM steht, gemeinsam mit dem TikTok-Konzern Douyin sowie dem Batteriehersteller CATL auf eine schwarzen Liste. Insgesamt erwarten Analysten für 2025 bis 2026 aber ein Gewinnwachstum von 14% in den Schwellenmärkten. Während des Handelsstreits 2018 bis 2019 waren es nur 4%. Hohe Realzinsen und Disinflation dürften die an der Börse zu erwartenden Erfolge allerdings dämpfen.