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Deutschland gilt mit seinen hohen Öl- und Gasimporten unter den Industrieländern als Hauptprofiteur der fallenden Preise, während die USA, die dank Fracking zum Nettoexporteur geworden sind, eher leiden, weil die heimische Industrie unter die Räder kommt. Wie der Westen, so teilen sich auch die Schwellenländer in Gewinner und Verlierer des fallenden Ölpreises auf. Vor allem die großen Energieimporteure werden gewinnen. Dazu zählen Indien und Indonesien, wie überhaupt Asien zusätzliche Wachstumseffekte erzielen sollte, denn die meisten Länder dieses Kontinents zählen zu den Nettokäufern von Öl. Selbst China, dessen Wachstumsaussichten für 2015 von den meisten Analysten etwas zurückgestuft wurde, dürfte nun unverhofft profitieren. Als einer der hungrigsten Öl- und Rohstoffimporteure verbilligt sich die Importrechnung für Peking ganz erheblich. Doch China gewinnt auch indirekt. Viele Abnehmer des Exportriesen China können für ihre Einkäufe mehr Geld locker machen. Wenn die Konsumenten vor allem in den westlichen Einkaufshochburgen in Kauflaune geraten, kommt dies zumeist auch den Unternehmen aus China zugute.
Auf Länder wie Nigeria, Russland und Venezuela wirft der fallende Ölpreis jedoch tiefe Schatten. Ihre Devisenreserven schmelzen dahin. Große Teile des Überschusses kamen in den vergangenen Jahren durch das Öl in die Kasse. Damit ist es nun erst einmal vorbei. Die Haushalte geraten in Schieflage. Für ein ausgeglichenes Budget benötigt Moskau beispielsweise mit über 100 US-Dollar mehr als das Doppelte des zur Wochenmitte unter die Marke von 50 Dollar gesunkenen Preises für ein Barrel Rohöl. In Venezuela und Nigera sind diese Werte sogar noch höher, weil deren Haushalte in der Vergangenheit noch ungehemmter von den Öleinnahmen gespeist wurden und über Alternativen wenig nachgedacht wurde.
Diese veränderte Lage innerhalb der EM, die beileibe keine Eintagsfliege sein wird, beeinflusst auch das Rating einzelner Staaten und Unternehmen und dadurch deren Chancen am Kapitalmarkt. So wird der gesunkene Ölpreis auch für Sie als EM-Anleger zu einer wichtigen Entscheidungsgröße.
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