Wachstumsprognosen

Weltwirtschaft – Alles eine Frage der Perspektive

Das globale Wachstum wird dem neuen IWF-Ausblick (WEO-Update) zufolge im laufenden Jahr mit 2,9% um 20 bps. höher ausfallen als im Herbst prognostiziert. Trotz dieser Aufwärtsrevision ergibt sich damit eine Verlangsamung nach den für 2022 geschätzten 3,4%. Auch im kommenden Jahr wird das Wachstum mit 3,1% darunter liegen.

Ebenso wird damit der langfristige Durchschnitt (2000 bis 2019: 3,8% p. a.) verfehlt. Die monetäre Straffung der Fed und der Ukraine-Krieg belasten die Weltwirtschaft. Dagegen hat Chinas überraschende Abkehr von der Null-Covid-Politik den Weg für eine schneller als erwartet voranschreitende Erholung geebnet. Trotz der Belastungen stieg das reale BIP in zahlreichen Volkswirtschaften im dritten Quartal 2022 überraschend stark. Hintergrund war zumeist eine über den Erwartungen liegende Binnennachfrage.

In den USA wird das Wachstum vor allem vom privaten Konsum getrieben. Denn dort befindet sich die Sparquote auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 60 Jahren (Ausnahme: Juli 2005). Auch die Arbeitslosigkeit liegt nahe an den historischen Tiefständen. Ähnliches gilt für die Eurozone, wo allerdings die monetäre Straffung (Leitzins: 2,5%) bislang kaum vorangekommen ist. Trotzdem sind zumindest in Deutschland bereits Bilanzprobleme bei einigen Banken erkennbar: Die Finanzaufsicht BaFin sorgt sich öffentlich um den fallenden Wert von Immobilien und Rentenpapieren im Portfolio von Kredit-instituten (und Versicherungen).

Höhere Kreditstandards und geringere Kreditvolumina dürften die Wirtschaft zunehmend belasten und den Aufschwung bremsen. Dies stellt ein Fragezeichen hinter die Aussichten für Mittelost-Europa durch die starke Abhängigkeit von der Konjunktur der EU-Kernstaaten. Die Prognose 2023/24 wird mit 1,5 und 2,6% offenbar weiterhin durch die schwachen (wenn auch deutlich verbesserten) Zahlen für Russland nach unten verzerrt. Insbesondere die südosteuropäischen Staaten dürften deutlich wachsen.

Das Wachstum in den asiatischen Schwellen- und Entwicklungsländern dürfte 2023/24 auf 5,3% und 5,2% ansteigen, weil auch China wieder etwas Fahrt aufnimmt (5,2% und 4,5%), nachdem das Land 2022 mit 3,0% das erste Mal seit mehr als 40 Jahren ein Wachstum unter dem weltweiten Durchschnitt (3,4%) verzeichnete. Mittelfristig wird sich Chinas Wachstum dem IWF zufolge unter 4% einpendeln. Verantwortlich sind „nachlassende Unternehmensdynamik“ und allzu langsame Fortschritte bei den Strukturreformen. Indiens Wachstumspfad wird mit 6,1 und 6,8% für 2023/24 deutlich steiler prognostiziert. Antrieb soll auch hier die starke Binnennachfrage sein. Das Wachstum der ASEAN-Staaten wird sich ebenfalls verlangsamen und 2023/24 bei 4,3% und 4,7% liegen.

Das südliche Afrika kann relativ schwache 3,8 und 4,1% Wachstum erwarten, die Südafrika und Nigeria jedoch deutlich unterschreiten. Ähnliches gilt für Lateinamerika, wo Brasilien und Mexiko mit 1,8 und 2,1% die Region bremsen. Zentralasien und Nahost kommen hingegen mit 3,2 und 3,7% viel besser voran. mk

Die Unterschiede der Wachstumsprognosen sollten bei der Allokation im Portfolio berücksichtigt werden. 

Abonnieren Anmelden
Zum PLATOW Brief