Emerging Markets

Ultrasonic – Eine mysteriöse Geschichte

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Es ist ein regelrechter Börsenkrimi: Beim chinesischen Schuhhersteller Ultrasonic sind die Chefs verschwunden – und haben die Firmenkasse offenbar gleich mitgenommen. Der scheidende Finanzvorstand Chi Kwong Clifford Chan teilte vergangene Woche mit, die Buchhaltung habe ihn darüber informiert, dass „der ganz überwiegende Teil der liquiden Mittel transferiert wurde und sich nicht mehr im Einflussbereich des Unternehmens befindet“.

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Die deutsche Holding verfüge noch über einen sechsstelligen Euro-Betrag. Einfach gesagt: das Unternehmen hat kein Geld mehr. Noch im abgelaufenen Jahr wies der Konzern Barmittel von gut 100 Mio. Euro aus.

Gleichzeitig ließ Clifford Chan mitteilen, dass der Kontakt zu Vorstandschef Qingyong Wu, der gleichzeitig Mehrheitsaktionär des Konzerns ist, und zu seinem Sohn Minghong, seines Zeichens Chief Operating Officer der Firma, abgerissen sei. Beide seien nicht auffindbar. Die Reaktion am Parkett folgte prompt. Die Aktie (2,10 Euro; A1K REX; DE000A1KREX3) brach um mehr als 80% ein.

Anfang der Woche kam es dann zu einer regelrechten Kursexplosion. Die Aktie schoss mehr als 230% nach oben. Der abberufene Vorstandsvorsitzende hatte am Wochenende telefonischen Kontakt zu Clifford Chan und der begleitenden Bank in Deutschland aufgenommen. „Er bereite seine Rückkehr zum Unternehmen vor und würde auch die Finanzmittel wiederbeschaffen“, heißt es in einer Mitteilung von Ultrasonic. Der Konzernchef sei nicht mit den Barmitteln abgetaucht, er sei nur gereist und habe sein Mobiltelefon verloren. Anschließend ist der Kontakt wieder abgerissen, eine persönliche Kontaktaufnahme durch ein Mitglied des Aufsichtsrats hatte keinen Erfolg. Es herrscht wieder Funkstille.

Es ist nicht das erste Mal, dass wichtige Manager eines in Frankfurt gelisteten chinesischen Unternehmens das Weite suchen. Erst im Juli hatte es beim Verpackungs-Hersteller Youbisheng Green einen ganz ähnlichen Fall gegeben. Auch dort war der CEO verschwunden, dem Finanzvorstand wurde der Zugang zu den Fabriken in China verweigert. Seit August hat ein Insolvenzverwalter das Sagen.

Für eine solche Aktie gibt es nur ein Votum: Finger weg! Zwar bezeichnete Wu das Durcheinander als reines Missverständnis, ob die Finanzlage des Konzerns aber weiter „normal“ ist, wie der Vorstandschef beteuert, ist allerdings mehr als fraglich, zumal die Bank Nomura, die dem Unternehmen einen Kredit in Höhe von 60 Mio. Dollar gegeben hatte, diesen nach dem Verschwinden der beiden Top-Manager fällig gestellt hat.

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