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Südamerika – Große Pläne auf wackligen Beinen

Dass die argentinische Vizepräsidentin Cristina Fernández de Kirchner gerade wegen Korruption verurteilt wurde, muss wohl als schlechtes Omen gelten, wenn nun Argentinien den Mercosur-Vorsitz von Uruguay übernimmt. Die Spaltungen und Risse in der südamerikanischen Handelszone werden sich wohl weiter vertiefen, lokale Beobachter halten sogar einen endgültigen Bruch für möglich.

Macris wirtschaftspolitischen Experimente zünden  nicht. Neue Gelder vom IWF gibt es trotzdem.
Macris wirtschaftspolitischen Experimente zünden nicht. Neue Gelder vom IWF gibt es trotzdem. © CC0

Uruguays Regierung verfolgt einen rechtsliberalen, marktwirtschaftlichen Kurs und kümmert sich, ähnlich wie die Brexiteers, kaum noch um die mit den Mercosur-Verträgen eingegangenen Bindungen. So will das Land nun im Alleingang dem transpazifischen Handelspakt CPTPP beitreten, obwohl die Mercosur-Regeln dies untersagen. „Wir sind der Meinung, dass wir jedes Recht haben, die Mitgliedschaft zu beantragen“, erklärte Uruguays Präsident Luis Lacalle Pou, der darauf bestand, dass sein Land sich der Welt kommerziell öffnen müsse.

Weil Lacalles Regierung Handelsabkommen mit einer zolltariflichen Dimension nun individuell aushandeln will, behalten sich die nationalen Mercosur-Koordinatoren Argentiniens, Brasiliens und Paraguays ausdrücklich alle notwendigen Maßnahmen vor, um ihre rechtlichen und kommerziellen Interessen zu verteidigen. „Wir verstehen den Anspruch der drei Länder, auch wenn wir ihn nicht teilen“, antwortete Lacalle; er setzt darauf, nachträglich eine Einigung zu finden. Das dürfte freilich schwerer denn je werden. Seit den Machtwechseln in Argentinien und Brasilien mit dem Abgang von Mauricio Macri und Jair Bolsonaro kann sich die Regierung in Montevideo auf keine handelspolitisch Gleichgesinnten innerhalb des Mercosur mehr verlassen. Sollte Uruguay tatsächlich im Alleingang der CPTPP beitreten, müsste das Land sich gegenseitig ausschließende Handelsregeln befolgen und damit faktisch die gemeinsame Außengrenze des Mercosur-Gebiets durchlöchern.

Paraguays Außenminister Julio Arriola forderte Lacalle daher auf, die Gründungsdokumente des Mercosur zu respektieren. Der strategische Konflikt ist vorgezeichnet: Uruguays Präsident zielt darauf, dem eigenen Handel möglichst viele Türen zu öffnen, indem sowohl erst angedachte (China) als auch schon fertig ausgehandelte (EU) Abkommen zügig geschlossen und umgesetzt werden. Die Prioritäten des argentinischen Mercosur-Vorsitzes liegen dagegen auf der regionalen Integration durch ein Handelsabkommen mit Mittelamerika und der Karibik sowie auf der Entwicklung der regionalen Lieferketten. Zudem soll das nächste Handelsabkommen mit Afrika geschlossen werden, noch bevor das EU-Abkommen ratifiziert wird.

Angesichts dieser ideologisch motivierten Spaltungen ist es unwahrscheinlich, dass die Staaten Lateinamerikas zu einer stärkeren regionalen Integration des Handels finden, was zu einer schwächeren Position im internationalen Wettbewerb führt.

Der Dissens schadet der ganzen Region, die daher weiterhin eher kritisch betrachtet und untergewichtet werden sollte.

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