EU-Wirtschaft

Richtige Diagnose, falsche Therapie

Mario Draghi soll es wieder richten. So wie der frühere EZB-Präsident im Juli 2012 quasi im Alleingang den Euro rettete („whatever it takes“), so sollen seine jetzt vorgelegten Reformvorschläge für die EU ein Weckruf zur rechten Zeit sein.

Der frühere EZB-Präsident Mario Draghi
Der frühere EZB-Präsident Mario Draghi © ECB

Seine Diagnose trifft dabei voll ins Schwarze: Die EU läuft Gefahr, im globalen Wettbewerb weiter zurückzufallen, insbesondere gegenüber den USA und China. Das stagnierende Produktivitätswachstum und die alternde Bevölkerung stellen erhebliche Herausforderungen dar, denen die EU dringend begegnen muss. Draghis Forderung nach massiven Investitionen in Spitzentechnologien und Bildung zielt genau darauf ab, diese Trends umzukehren und die Wettbewerbsfähigkeit des Gemeinschaftsblocks zu stärken.

Der vorgeschlagene Weg dahin erscheint uns aber fragwürdig. Der Plan, 800 Mrd. Euro pro Jahr in Form von EU-Schulden aufzunehmen, öffnet zentralistischer Planung Tor und Tür. Dabei hat die Geschichte oft genug gezeigt, dass der Staat nicht immer der bessere Planer ist. Bürokratische Prozesse sind oft langsam und ineffizient.

Selbst wenn das Geld in vielversprechende Projekte fließt, bedeutet dies nicht automatisch eine schnelle oder erfolgreiche Umsetzung – siehe Stuttgart 21 oder den Berliner Flughafen. Private Unternehmen hingegen sind näher am Marktgeschehen und können oft flexibler und zielgerichteter agieren.

Interessant finden wir Draghis Vorschläge zur Lockerung der Wettbewerbspolitik. Reformen könnten in Bereiche wie der Telekommunikation tatsächlich frischen Wind bringen. Fusionen, die bisher auf nationaler Ebene blockiert wurden (etwa die der dänischen Mobilfunkbetreiber Telenor und TeliaSonera 2015), würden durch eine EU-weite Betrachtung neue Chancen erhalten.

Für Unternehmen wie unseren Musterdepotwert Deutsche Telekom, der bislang v.a. auf die USA und Osteuropa schaute, böte dies die Chance, notwendige Investitionen in Breitbandinfrastruktur leichter umzusetzen. Unerwünschte Übernahmen (wie z.B. von O2 durch Hutchison 2016) ließen sich dagegen immer noch verhindern.

Was die EU wirklich braucht, sind schlankere Prozesse, innovationsfreundliche Rahmenbedingungen und ein klarer Fokus auf die Stärkung der privaten Wirtschaftskraft. Der Staat sollte dabei eine unterstützende, nicht eine steuernde Rolle einnehmen. kdb

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