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Osteuropa – Populismus und Entfremdung

Die Spannungen zwischen den Ungarn und Polen auf der einen und dem Rest der EU auf der anderen Seite wachsen derzeit erheblich an. Die EU-Kommission geht mit mittlerweile erstaunlich harten Bandagen gegen Polen vor und blockiert nach den 36 Mrd Euro aus dem EU-Coronafonds („Resilienz-Fazilität“) weitere 75 Mrd Euro aus dem Kohäsionsfonds des regulären Haushalts 2021/27.

Parlamentsgebäude in Budapest
Parlamentsgebäude in Budapest © CCO

Sollte es dabei bleiben, dürfte Polen schon im kommenden Jahr in eine Rezession rutschen sofern die PiS-Regierung in Warschau nicht ihre Kreditmöglichkeiten bis zum Anschlag nutzt und damit ihre Verschuldung deutlich nach oben treibt. Die EU-Kommission sieht sich bei ihrer Entscheidung auf der sicheren Seite denn die Warschauer Regierung habe selbst bestätigt, dass die Grundbedingungen der Auszahlung in Bezug auf die Grundrechte-Charta nicht erfüllt seien. Die von Warschau gestreuten fake news, denen zufolge Haushaltskommissar Johannes Hahn die Blockade verneint habe, wurden umgehend dementiert.

Die PiS-Regierung konnte sich entgegen den mit der EU vereinbarten Meilensteinen lediglich zu einer kosmetischen Änderung Umwandlung der umstrittene Disziplinarkammer durch einen neuen Namen statt der zugesagten Abschaffung entschließen. Zudem verweigert die Regierung den unrechtmäßig von der Kammer suspendierten Richtern die Rückkehr ins Amt. Daher sieht die EU-Kommission die Vereinbarungen als nicht erfüllt an. Ebenso wenig kommt die Regierung den Urteilen des EuGH und auch des von der EU unabhängigen Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nach, die den betroffenen Richtern Schadensersatzzahlungen zugesprochen haben. Der EGMR stellte jüngst das Vorgehen der PiS-Regierung gegen missliebige Richter politischer Verfolgung gleich. Diese Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit sind um kritischer zu sehen als die PiS-Partei immer deutlicher auf eine „re-Polonisierung“ der Wirtschaft zielt, also die Verdrängung ausländischer Unternehmen und Kapitalgeber aus der polnischen Wirtschaft. 

Ungarn wird für deutsche Firmen zum Problem

Ähnliches zeichnet sich auch in Ungarn ab: Dort musste sich Regierungschef Viktor Orban jüngst auf offener Bühne Kritik durch Philipp Haußmann, Vorstand des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, anhören. Haußmann sieht erfolgreiche Partnerschaft bedroht. Ungarns Regierung will in strategischen Sektoren (Telekom, Baumaterialien, Abfallverarbeitung, Banken und Versicherungen  sowie neuerdings auch Einzelhandel)  „nationale Champions“ etablieren. Immer mehr deutsche Unternehmen der betroffenen Branchen hegten den „begründeten Verdacht“, dass sie „nicht willkommen“ seien. Zu ihren Schwierigkeiten gehören branchenspezifische Sondersteuern.

Zudem verfestige sich der Eindruck, dass die Verfahren für die Erteilung von Genehmigungen und die Vergabe öffentlicher Aufträge undurchsichtig sind und dass sie keinen „fairen Zugang zur Justiz“ haben, fügte er hinzu. Haußmann stellte klar, dass eine liberale Wirtschaftsordnung und das Engagement deutscher Unternehmen von Investitionssicherheit, fairem öffentlichen Auftragswesen und rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen abhängig seien – was ziemlich exakt der Position der EU-Kommission entspricht.

Ohne eine Rückkehr zu rechtsstaatlichen Grundsätzen wird der EU-Ostrand zur Risikozone für Investoren.

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