Rohstoffe

Ölpreis und Inflation

In bereits vier aufeinander folgenden Tagen hat sich der Ölpreis merklich abgekühlt. Von über 80 US-Dollar ging es für einen Barrel der Sorte Brent Crude auf aktuell 74 Dollar abwärts. Damit kostet das schwarze Gold weniger als zu Jahresbeginn.

Eine Ölpumpe auf einem Ölfeld
Eine Ölpumpe auf einem Ölfeld © AdobeStock

Für den Rückgang gibt es einen Grund: Offiziell plant Israel beim angekündigten Gegenschlag in Richtung Iran, keine Öl- oder Nuklear-Infrastrukturen anzugreifen. Das Ölangebot wäre also nicht tangiert. Zwar exportiert der Iran „nur“ 1,7 Millionen Barrel Öl pro Tag, was mit freien Kapazitäten der OPEC in Höhe von 5 bis 6 Millionen Barrel locker ausgeglichen werden könnte. Bei Konflikten in der Straße von Hormus sähe das anders aus: Rund 20% des weltweiten Öls – also täglich über 20 Millionen Barrel – müssen diesen strategischen Engpass passieren. Eine Blockade könnte den Ölpreis wieder auf Höchststände aus der Finanzkrise bei fast 150 Dollar treiben – mit schwerwiegenden Folgen für ölimportierende Schwellenländer.

Netto-Ölimporteure reagieren besonders sensibel auf höhere Energie- und Rohstoffpreise. Je teurer Basisrohstoffe wie Öl für einen Staat werden, desto stärker wird die Inflation angeheizt. Zu den wichtigsten Importeuren zählen Chile, Ungarn, Polen, die Türkei, die Philippinen, Thailand und Indien, während Russland, Saudi Arabien und Nigeria Öl exportieren. Sollten die aktuellen Disinflationsprozesse ins Stocken geraten, dürften die Zentralbanken die Lockerung ihrer Zinspolitik verzögern, um ungeordnete Kapitalabflüsse zu verhindern. Für Länder wie die Türkei, die sich seit Mai von einer Inflation in Höhe von 75% auf unter 50% zurückgekämpft hat, wäre das eine bittere Pille. Das Problem: Je länger die Zinssätze auf hohem Niveau verharren, desto schwieriger macht das die Refinanzierung von Schulden (vgl. PEM v. 2.10.) – insbesondere für Unternehmen mit niedrigem Kreditrating. Während die Türkei mit 30% vom BIP moderat verschuldet ist, sind es bei Indien über 80%. Dem Subkontinent ist daher besonders an Frieden in Nahost gelegen, zumindest an günstigem russischen Öl. dog

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