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Kroatien – Verschlafen Unternehmen den Wandel?

Das Wachstum von Kroatien dürfte mit 3,4% in diesem und 2,9% im nächsten Jahr robust bleiben und damit über dem EU-Durchschnitt liegen, schätzt der IWF in seinem aktuellen Artikel-IV-Bericht. Die Projektion geht von einem weiterhin schwachen, sich aber verbessernden außenwirtschaftlichen Umfeld aus. Expansive Impulse werden vor allem von einer lebhaften Binnennachfrage erwartet.

Dubrovnik, Stadt in Kroatien
Dubrovnik, Stadt in Kroatien © fjaka; Pixabay

Die sich abzeichnenden höheren Löhne bei nachlassender Inflation führen zu einem Anstieg der Realeinkommen der privaten Haushalte. Gleichzeitig sorgt der Zufluss von EU-Mitteln für mehr inländische Investitionen. Die Produktionslücke dürfte sich verringern, aber bis 2024-26 dank höherer Nachfrage positiv bleiben. Wie üblich wird davon ausgegangen, dass sich das Wachstum mittelfristig seinem Potenzial von 2,5% annähert. Der IWF geht davon aus, dass die produktivitätssteigernden Investitionen im Rahmen des nationalen Wiederaufbau- und Resilienzplans die Belastungen aus der negativen demografischen Entwicklung ausgleichen werden.

Diese sind erheblich, wie die Arbeitsmarktzahlen zeigen. Für das erste Quartal dieses Jahres verzeichnet Kroatien einen Rekordtiefstand von insgesamt 96.000 Arbeitslosen, von denen 15.000 als Langzeitarbeitslose (länger als 24 Monate ohne Beschäftigung) gelten. Gleichzeitig wurden in den letzten beiden Jahren jeweils über 120.000 Genehmigungen für ausländische Arbeitskräfte erteilt.

Der Zufluss ausländischer Arbeitskräfte kompensiert kurzfristig die Abwanderung, die den ohnehin spürbaren Bevölkerungsrückgang verschärft: Kroatien verliert zunehmend jüngere, besser qualifizierte Bürger an besser zahlende EU-Staaten und greift auf weniger qualifizierte Hilfskräfte vor allem aus Asien zurück, um die Lücken im Tourismus zu füllen. Diese Diagnose, die fast schon auf eine Selbstverstümmelung der kroatischen Wirtschaft hindeutet, wird durch aktuelle Untersuchungen lokaler Experten gestützt.

So bestätigt eine Studie der Universität Split, dass die Mehrzahl kroatischer Unternehmen den Personalmangel als drängendes Problem erkannt und bestätigt hat. Jedoch habe eine Minderheit Pläne entwickelt, geschweige denn Maßnahmen ergriffen. Eine Studie eines Arbeitspsychologen der Universität Zagreb zeigt, dass es an Konzepten fehlt, um ältere Arbeitnehmer im Beruf zu halten oder jungen Menschen Alternativen zur Abwanderung zu bieten. Sollte sich all das bestätigen, wäre die Schätzung des IWF von 2,5% deutlich übertrieben. mk

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