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Israel – Wachsende Angst vor Folgen des Krieges

Die Stimmung in der israelischen Wirtschaft ist nicht allzu optimistisch: Der Analyst der liberalen Tageszeitung „Haaretz“ warnt vor einer kommenden Stagflation mit hoher Arbeitslosigkeit nach dem Vorbild der Folgen des Jom-Kippur-Krieges in den 1970er-Jahren.

Die „Jerusalem Post“ beklagt, dass der Staatshaushalt ausblute und das Defizit auf 8% des BIP gestiegen sei, während der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich, der der Siedlerbewegung angehört, ultraorthodoxe Einrichtungen und Programme mit völlig überzogenen 3,6 Mrd. US-Dollar alimentiere. Allein die ersten drei Monate des Krieges kosteten 2% des BIP. Das ist an sich noch verkraftbar, denn die israelische Wirtschaft wurde vom islamistischen Terror aus einer Position der Stärke in den Krieg hineingezogen: Die Staatsverschuldung war mit 62% des BIP im grünen Bereich, Arbeitslosigkeit und Inflation niedrig, das Haushaltsdefizit mit 4% des BIP überschaubar, zumal die weiteren Aussichten positiv waren: Ein Viertel der Staatseinnahmen kamen aus dem zukunftsträchtigen High-Tech-Sektor. Das jedoch ist Vergangenheit.

Das Q2 brachte nur noch ein annualisiertes Wachstum von 0,7%, weit entfernt von den ursprünglich erwarteten 6%. Belastender als die akuten Kosten des Krieges scheint inzwischen seine Dauer zu sein: Nach fast einem Jahr Krieg ist kein Ende in Sicht. Als größten Belastungsfaktor nannten die Währungshüter in ihrem aktuellen Statement die Unsicherheit, die der Krieg mit sich bringt. Das Geld flieht aus dem Land. Zwischen Mai und Juli verdoppelten sich die Abflüsse von israelischen Banken an ausländische Institutionen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 2 Mrd. Dollar. Dies ist ein Misstrauensvotum der Bürger, das durch Herabstufungen der Ratingagenturen und steigende CDS-Prämien unterstrichen wird. Die Zentralbank sah sich bereits gezwungen, mit Interventionen gegen die Schekelschwäche vorzugehen.

Der Druck auf die Unternehmen kommt derzeit vor allem von der Finanzierungsseite: Gerade Start-ups leiden Berichten zufolge unter der knapperen Liquidität, weil die Finanzierer, vor allem die Banken, naturgemäß mit Risikoreduzierung auf die knappere Liquidität reagieren. Das beste Gegenmittel sei Wachstum. Obwohl die Reservisten zur Arbeit zurückgekehrt sind und der Konsum wieder das Vorkriegsniveau erreicht hat, ist die israelische Wirtschaft immer noch kleiner als am Vorabend des Krieges, nicht zuletzt weil 80.000 palästinensische Arbeiter ausgesperrt blieben, was allein die Bauindustrie um 40% schrumpfen ließ. Mit jeder weiteren Woche des Krieges steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Israel seinen Hochtechnologiesektor schwer beschädigt. mk

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