Indischer Nationalismus
Indien mit seiner im Vergleich zu China jungen Bevölkerung setzt alles daran, China nicht nur als Land mit der größten Einwohnerzahl abzulösen, sondern auch wirtschaftlich den Abstand zu verkürzen. USA und China, die in ihrem Kampf um die Führung in der Welt alle Blicke auf sich ziehen, geben Indien zusätzlichen Freiraum, sich im Schatten dieser miteinander ringenden Großmächte im Verhältnis zu seinen Anrainern neu zu positionieren. Dabei rückt Indien auch durch seine besonderen Beziehungen zu Russland in eine Schlüsselrolle.
Die Kardinalfrage, die sich heute zu Indien stellt, kreist um die sich unter Premier Narendra Modi und seiner Bharatiya Janata Party radikal ändernden politischen Verhältnisse. Schafft der neue Hindu-Nationalismus den Rahmen für ein modernes, wirtschaftlich erfolgreiches Indien? Politisch wurde Indien jahrzehntelang dominiert von der Nehru-Gandhi-Familie und deren Kongresspartei, deren Gründung sich bis 1885 zurückverfolgen lässt. Sie war Speerspitze der Unabhängigkeitsbewegung, die unter Mahatma Gandhi auf Frieden und Toleranz setzte. Ihre im Zeitverlauf prominentesten Vertreter, Indira Gandhi und deren Sohn Rajiv Gandhi, gaben auch Minderheiten wie Muslimen und Christen eine Chance, wurden gleichwohl beide auf dem Höhepunkt ihrer Macht als Premierminister Opfer von Attentätern.
Der in Indien unter Modi heute vorherrschende und auch auf Gewalt setzende Nationalismus wird toleriert von der für etwa 80% der Bevölkerung stehenden hinduistischen Mehrheit, der gut 14% Muslime gegenüberstehen. Noch wird der wirtschaftliche Aufschwung, der sich in einer Reihe überaus positiver aktueller Prognosen (u. a. IWF) spiegelt, kaum infrage gestellt. Im neuen Jahr soll das BIP Indiens mit bis zu 6% stärker wachsen als die globale Wirtschaft (+2,7%). Wir empfehlen deshalb selektive Aktienkäufe (s.o.). afs