Emerging Markets

Indien – Wanderung der Pillendreher

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Asiens Gesundheitsmarkt gilt als besonders aussichtsreich, weil die Gesundheitsausgaben auf der aktuellen Stufe der Einkommensentwicklung sowohl durch den Ausbau der staatlichen Versorgung als auch durch private Nachfrage besonders stark zulegen. Führend in diesem Markt präsentiert sich bislang Indien, dessen Pharmaindustrie sowohl bei der Herstellung von Generika als auch bei Impfstoffen weltspitze ist und das Land zudem als weltweit bedeutenden Standort für Forschung und Entwicklung etabliert hat. Dieses vielversprechende Bild weist aber zunehmend dunkle Flecken auf, der Champion liefert unübersehbare Schwächezeichen. Die Zahl der in Indien bis zur Marktzulassung entwickelten Präparate fiel von etwa 260 (im Jahr 2008) auf 25 (2013). Die Zahl der laufenden klinischen Studien sank im letzten Jahr auf 20, vor zwei Jahren waren es noch rund 500. Allein das US National Health Institute hat 35 laufende Studien abgebrochen. Der britische Hersteller Astra-Zeneca schloss gerade ein Entwicklungszentrum in Bangalore, was 170 qualifizierte Pharmazeuten, Biologen und Mediziner um ihre Jobs bringt. Hintergrund sind verschärfte Regulierungen, die den Spielraum im letzten Jahr von zwei Seiten her eingeengt haben: Sowohl die Voraussetzungen der klinischen Studien (v.a. Teilnahmebedingungen der Probanden) als auch die Zulassungsverfahren für neue Wirkstoffe wurden verschärft. Bei letzteren wurde damit die Verfahrensdauer von sechs Monaten auf mehr als drei Jahre verlängert. Bei der Arzneimittelaufsicht wurden drei zusätzliche neue Kommissionen eingerichtet, die zusätzlich befasst werden. Im letzten Jahr wurden daher noch ganze fünf Wirkstoffe durch das Verfahren geschleust.

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Profiteure der Entwicklung sind vor allem die ASEAN-Staaten, namentlich Malaysia und die Philippinen, die Indien schon beim Outsourcing von Unternehmensdienstleistungen den Rang ablaufen. Daneben aber auch die USA und Europa, weil selbst in den wegen ihren starken Regulierungen verschrieenen klassischen Industrieländern die Regulierungen weniger bremsen als in Indien.
Am ehesten dürften die indischen Generika-Hersteller in der Lage sein, den Trend zu drehen, da die Regulierungen bei ihnen naturgemäß weniger Einfluss haben. Der Rest der indischen Pharma-Branche dürfte dagegen dauerhafte Einbußen erlitten haben. Indische Pharma-Titel jenseits der reinen Generika-Hersteller sollten daher nun abgebaut werden. Die Risiken überwiegen mittlerweile.

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