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Ghana – Verheerende Lage, unsichere Zukunft

Der IWF sagte kürzlich der Regierung Ghanas ein Hilfsprogramm von über 3 Mrd. US-Dollar (rd. 2,2 Mrd. SZR) mit einer 36-monatigen Laufzeit zu.  Es knüpft an das nach der Covid-Pandemie von der Regierung aufgesetzte Programm an, mit dem die makroökonomische Stabilität wiederhergestellt werden sollte. Rund 600 Mio. Dollar können sofort fließen. Es ist das 17. IWF-Programm zugunsten Ghanas seit dessen Unabhängigkeit vor mehr als sechs Jahrzehnten.

Angesichts der Folgen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg sind die Daten zur aktuellen Wirtschaftslage verheerend. Das Wirtschaftswachstum (BIP) bleibt mit geschätzten 1,5% deutlich hinter dem Bevölkerungstrend (2,6%) zurück. Die Bürger werden so immer ärmer, denn das BIP pro Kopf sinkt rechnerisch um 1,1%. Für das kommende Jahr setzt der IWF unter Berücksichtigung seiner Hilfe eine schwarze Null an; erst 2024 nimmt die Wirtschaft mit einem BIP-Trend von 5% wieder Fahrt auf.

Die Inflation war zuletzt zwar rückläufig, mit 41% aber immer noch zu hoch. Die Staatsschulden in Accra belaufen sich auf fast 100% des BIP. Nachdem die Primärsalden des Staates für 2021 und 2022 Defizite von 4,8% bzw. 3,6% vom BIP ergaben, geriet das Land mit der Rückzahlung der Kredite in Verzug und musste die Schulden bei den Gläubigern umstrukturieren. Die Devisenreserven des Landes sind erschöpft, sie erreichen dem IWF-Tableau zufolge mittlerweile weniger als den Wert der Importe eines einzigen Monats. Importe sind derzeit nur noch in dem Maße möglich, wie sie durch Exporterlöse finanziert werden können. Die Leistungsbilanzdefizite sind mit Größenordnungen um 2,5% bis 3% vom BIP für sich genommen nicht auffällig groß, aber angesichts der Gesamtlage nicht mehr marktmäßig finanzierbar. Unterm Strich bleibt einfach das Ergebnis: Ghana als größter Kakaoproduzent der Welt und führender Goldproduzent Afrikas erlöst in seiner derzeitigen Verfassung nicht genug durch Exporte, um den Importbedarf zu decken.

Nötig wäre eine Verbreiterung der Produktionsmöglichkeiten durch Investitionen. Um das zu erreichen, muss zunächst die Inflationsrate deutlich sinken, um die Währung  zu stabilisieren. Zudem wird wohl eine Umschuldung notwendig. Mit einem vom IWF genehmigten und kontrollierten Stabilisierungsprogramm könnte es der Regierung in Accra gelingen, auch wieder Investoren zu finden, zumal sich u. a. auch die Weltbank engagieren will. Indes ist im Zahlengerüst des IWF ein Finanzierungsbedarf von rd. 12 Mrd. Dollar bis 2027 notiert, nachdem die Mittel von Weltbank und IWF mit den Plan-Defiziten verrechnet wurden. Für diesen Bedarf müssen weitere Kreditgeber gefunden werden. Ob das gelingt, hängt nicht zuletzt von den kommenden Wahlen ab. mk

Selbst wenn es an der Börse in Accra mit der von Danone beherrschten Fan Milk oder der lokalen Unilever-Tochter perspektivisch interessante Konsumtitel zu entdecken gibt, raten wir wegen der makroökonomischen Unsicherheiten zu großer Vorsicht bei Engagements in Ghana.

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