Ägypten – Schwäche ist al-Sisis stärkste Waffe
Die in diesem Jahr fällige Rückzahlung der Auslandsschulden in Höhe von rund 8% des BIP (ca. 29 Mrd. USD) kann aus eigener Kraft nicht geleistet werden. Ägypten bleibt auf Finanzhilfen der Golfstaaten und des IWF angewiesen und ist inzwischen zum zweitgrößten Schuldner des Fonds aufgestiegen. Wenig überraschend war die übliche IWF-Delegation kürzlich wieder in Kairo, um über den Verlauf und die Ergebnisse des letzten Programms (3 Mrd. USD ab Anfang 2023) und die Bedingungen des neuen Programms zu sprechen. Details und Summen sind offiziell noch nicht bekannt, Presseberichten zufolge war von weiteren 3 Mrd. Dollar die Rede, an die kaum noch Bedingungen geknüpft sein sollen.
Der Gaza-Krieg und seine Ausweitung auf das Rote Meer verschärfen die Krisen fühlbar. Die Einnahmen aus dem Tourismus, die im letzten Jahr fast 14 Mrd. Dollar (ca. 14% der ägyptischen Devisenzuflüsse) betrugen, sind stark zurückgegangen. Die Angriffe der Huthis auf den Schiffsverkehr im Roten Meer haben den Verkehr durch den Suezkanal um etwa die Hälfte reduziert. Normalerweise werden etwa 30% des weltweiten Containerverkehrs durch den Kanal geleitet, und Ägypten hat in den 12 Monaten bis Juni 9,4 Mrd. USD an Transitgebühren eingenommen.
Nach Angaben des IWF ist das Schiffsaufkommen im Suezkanal in den ersten knapp sieben Wochen bis zum 13. Februar im Vergleich zum Vorjahr um 55% zurückgegangen, während es am Kap der Guten Hoffnung um fast 75% gestiegen ist. IWF-Chefin Kristalina Georgieva nannte in einem Pressegespräch als erste grobe Schätzung einen Verlust von rund 100 Mio. Dollar pro Monat.
Die Staatsfinanzen sind bereits durch große Prestigeprojekte wie eine neue Hauptstadt (bisher 60 Mrd. Dollar Investitionen) stark belastet. Seit Sisis Amtsantritt 2013 hat sich die Auslandsverschuldung Ägyptens vervierfacht. Der Schuldendienst macht inzwischen 60% des Haushalts aus. Die wirtschaftliche Misere hat Ägyptens Führungsrolle in der arabischen Welt längst untergraben. Nicht Ägypten, sondern Katar vermittelt zwischen Israel und der Hamas, General al-Sisi ist innenpolitisch sogar zu schwach, um die US-geführte Koalition im Roten Meer zu unterstützen, die den Zugang zum Suezkanal freihalten will.
Dennoch erhält sein Regime weiterhin Geld, denn Ägypten gilt seinen ausländischen Verbündeten als zu groß, um zu scheitern. Weder die konservativen Golfstaaten noch die westlichen Verbündeten wollen eine Radikalisierung der ägyptischen Bevölkerung riskieren, die in der letzten freien Wahl einen Muslim-Bruder zum Präsidenten gewählt hat. So gesehen profitiert Ägypten sogar von den neuen Krisen, al-Sisi erpresst seine Verbündeten mit seiner Schwäche. Die selbstverschuldeten Krisen sind zur Stärke des Regimes geworden. Ein Anreiz zur Besserung ist das nicht. mk