Quartal der Wahrheit
Zehn Unternehmen senkten ihre Prognosen – ihre Aktien stürzten durchschnittlich um 11,2% ab. Das zweite Quartal ist das gnadenlose Quartal der Wahrheit, in dem Manager Farbe bekennen müssen, ob ihre Visionen zu Jahresbeginn realistisch oder bloße Illusionen waren.
Der Freitag (19.7.) zeigte beide Extreme. Sartorius (s. diese Ausgabe) senkte am Vorabend die Jahresprognose noch stärker als vom Markt erwartet – die Aktie büßt bis zu 16% ein und gab damit alle Gewinne nach dem angekündigten CEO-Rückzug quasi über Nacht wieder ab (vgl. PB v. 2.7.). Umgekehrt Süss Microtec: Der Chip-Zulieferer will in diesem Jahr Umsatz, Bruttomarge und auch operative Gewinnmarge stärker als gedacht steigern und wird mit einem Kursplus von fast 9% gelohnt.
Beide Werte stehen exemplarisch für einen Monat voller „Prognoseanpassungen“ – dem bei Unternehmen beliebtesten Euphemismus für Gewinnwarnungen. Während einige positive Überraschungen wie Hapag-Lloyd (vgl. PB v. 16.7.), Leifheit (PB v. 16.7.), Adidas (PB v. 18.7.) und Henkel (s. diese Ausgabe) herausragen, gibt es auch teils drastische Gewinnwarnungen: Compugroup verliert ein Drittel des Wertes (PB v. 12.7.), Baywa nach Beauftragung eines Sanierungsgutachter sogar 46% (s. PLATOW Brief v. 16.7.). Hugo Boss büßt aufgrund einer Prognosesenkung unter den Analysten-Konsens 7,3% ein (PB v. 25.6.), und Wacker Neuson brockt die Gewinnwarnung ein Minus von 3,8% ein.
Gewinnwarnungen sind Gift für Aktien, weil sie das Vertrauen in das Management untergraben können. Während Vertrauen mühsam über Jahre aufgebaut werden muss, reicht manchmal eine verfehlte Prognose, um es in Minuten zu zerstören. Nicht immer sind Prognosesenkungen allein die Schuld des Managements. Gerade das aktuelle Umfeld ist schwer zu prognostizieren. Aber Unternehmenslenker sollten vorausschauend agieren, denn das Vertrauen der Investoren ist das wertvollste Kapital. kdb