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Procredit-CEO Spechtenhauser – „Ab 2026 ernten wir die Früchte“

Procredit steckt mitten im Umbau. Im Interview mit der PLATOW Börse erklärt Vorstandschef Hubert Spechtenhauser, warum 2025 noch ein Übergangsjahr wird und wieso sich Kostenquote und Eigenkapitalrendite ab 2026 wieder bessern werden.

Klaus Brune,
CEO Hubert Spechtenhauser @ Procredit

Herr Spechtenhauser, wie ist 2024 für Sie gelaufen?

Wir haben auf unserem Kapitalmarkttag vor einem Jahr klare Ziele gesetzt. Wir wollen deutlich stärker wachsen und dabei sowohl den Beitrag der Privatkunden und der kleineren und mittleren Unternehmen erhöhen als auch unsere Bilanzstruktur stärken.

Auf der Kreditseite hatten wir uns für 2024 ein Wachstum von 10% vorgenommen. Herausgekommen ist eine Steigerung um 12,6%. Dabei haben Klein- und Kleinstunternehmen sowie Privatkunden etwa zwei Drittel des Neugeschäfts ausgemacht. Unser Einlagengeschäft ist um 14,3% gestiegen, das Kreditgeschäft mit Privatkunden um rund 35%.

Mit der Umsetzung unserer Ziele  sind wir 2024 besser vorangekommen als gedacht. Wir befinden uns auf einem sehr guten Weg, ein deutlich granulareres Wachstum hinzubekommen. Insgesamt sind wir aufgrund der jüngsten Geschäftsentwicklung noch mehr als damals auf dem Kapitalmarkttag davon überzeugt, dass wir unsere mittelfristigen Ziele erreichen werden.

Mit welchem Ausblick gehen Sie in das Jahr 2025?

Wir gehen für 2025 von einer ähnlichen Entwicklung aus wie im Vorjahr. 2024 und 2025 sind Übergangsjahre, in denen wir im größeren Umfang strategisch investieren, um anschließend von der Skalierbarkeit unseres Geschäfts zu profitieren.

2025 erwarten wir erneut ein Wachstum des Kreditportfolios um etwa 12%, eine Eigenkapitalrendite von rund 10% und eine Kosten/Ertragsquote in etwa auf dem Niveau des Vorjahres (rund 68%). An unseren mittelfristigen Zielen halten wir fest.

Sie haben es eben schon angedeutet: Das Wachstum bei den kleineren Kunden kostet etwas: Die Kosten/Ertragsquote, die von 59,9% im Jahr 2023 auf 68,1% im Vorjahr gestiegen ist, soll auch 2025 auf erhöhtem Niveau verharren. Bleibt es beim mittelfristigen Ziel von „rund 57%“ und wann wird das erreicht?

Bei der Einordnung der aktuellen Entwicklung müssen Sie berücksichtigen, wo wir herkommen. Unsere Kosten/Ertragsquote lag in der Vergangenheit eigentlich immer über 60%. Wir kommen dabei von Werten von über 70% und haben uns in den vergangenen Jahren graduell verbessert, bis wir 2023 erstmals ganz leicht unter 60% lagen.

Aber wir haben bei der Neuausrichtung unserer Strategie immer gesagt: Wir wollen massiv investieren und sind dafür bereit, eine temporäre Ausweitung der Kosten/Ertragsquote zu akzeptieren. Wir wollen 2024 und auch 2025 ins Personal, selektiv in unser Filialnetz, bei der IT und im Marketing strategisch bewusst investieren. Im Gegenzug akzeptieren wir, dass unsere Kosten/Ertragsquote vorübergehend steigt und unsere Eigenkapitalrendite etwas niedriger ausfällt.

Bei allen Investitionsmaßnahmen liegen wir aktuell im Plan, bei der Personalaufstockung sogar über dem Plan. Weil der Markt es hergegeben hat, haben wir 2024 mit 738 zusätzlichen Mitarbeitern sogar schon einige Positionen besetzt, die wir eigentlich erst für das erste Quartal 2025 vorgesehen hatten.

Insgesamt sind wir bei den Ausgaben für das Filialnetz, für die IT und fürs Marketing in etwa dort, wo wir es uns vorgenommen hatten. Beim Personalaufbau sind wir deutlich schneller vorangekommen als gedacht.

Die Kostensteigerungen sollten spätestens im zweiten Halbjahr 2025 deutlich abflachen. Die Ertragseffekte dürften aber erst zeitverzögert greifen. Denn die neuen Mitarbeiter, die wir 2024 eingestellt haben, liefern in der Regel erst zwölf Monate später einen ersten Ergebnisbeitrag. Daher akzeptieren wir auch für 2025 eine temporär höhere Kosten/Ertragsquote, aber das mittelfristige Ziel von rund 57% bleibt weiterhin bestehen.

Die Eigenkapitalrendite liegt mit 10,2% zwar im Rahmen ihrer im November geänderten Guidance, liegt aber deutlich unter Vorjahr (12,2%). Auch 2025 rechnen Sie nur mit rund 10%. Bleibt es beim Mittelfristziel von 13 bis 14%, ist das nur bei einem Ende des Ukraine-Kriegs und dem Wiederaufbau des Landes möglich?

Unser bestätigtes Ziel einer Eigenkapitalrendite von 13 bis 14% kommt ohne eine Verbesserung der Lage in der Ukraine aus. Die Ukraine ist in unserer Prognose im „base case“ mit einem neutralem Ergebnisbeitrag eingestellt.

Sollte es dort zu einer Verbesserung der Lage und zu einem Wiederaufbau kommen, versprechen wir uns unter konservativen Annahmen, dass daraus eine Verbesserung der Eigenkapitalrendite von 1,5 Prozentpunkten möglich wäre.

Lassen Sie mich noch etwas zur Einordnung des Worts „mittelfristig“ sagen. Das haben wir nie so ganz genau bestimmt, verstehen darunter aber einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren. Aufsatzpunkt ist dabei März 2024, als wir unsere neue Strategie vorgestellt haben, also sprechen wir bei diesen Zielen von einer Erfüllung bis zum Jahr 2027 oder 2029. Vielleicht klappt es bei dem einen oder anderen Ziel auch schon schneller.

Wo stehen wir bei der Entwicklung von Procredit? Bei unserem letzten Gespräch im vergangenen August sprachen Sie vom „Schockereignis Ukraine“, der „Neuaufstellung“ und der „Wachstumsphase“ – wo stehen wir jetzt?

Wir sind in der zweiten Hälfte der Investitionsphase angekommen. Wir investieren immer noch in unsere künftigen Wachstumstreiber. Ab 2026 sollte es dann darum gehen, die Früchte aus einem höheren Geschäftsvolumen und einer Verschiebung der Bilanzstruktur hin zu einem granulareren Geschäft zu ernten.

Diese Veränderungen, davon sind wir mehr als je zuvor überzeugt, werden ab 2026 sehr deutlich ergebniswirksam werden. In den Jahren 2027 bis 2029 wollen wir dann unsere mittelfristigen Ziele erreichen.

Herr Spechtenhauser, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Das Interview haben wir am 27.3.2025 geführt.

Unsere aktuelle Analyse zu Procredit? Hier entlang, bitte!

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