MLP-CFO Loose – „Die Wachstumsraten werden hoch bleiben“

Herr Loose, im vierten Quartal hat MLP das übliche saisonale Muster ausgewiesen: die höchsten Erlöse in einem einzelnen Quartal des Jahres, das beste EBIT. Gibt es dennoch im Rückspiegel für Sie Erkenntnisse, wie sich die Gewichte innerhalb der Quartale verschieben?
Das vierte Quartal ist mit Blick auf unseren Leistungsbereich Vorsorge in der Tat das traditionell stärkste; es nimmt aber tendenziell in der Bedeutung etwas ab, weil wir in den anderen Quartalen dank der Leistungsbereiche Vermögen und Absicherung überproportional zulegen. Seit wir den Leistungsbereich Absicherung mit dem Erwerb von DOMCURA und RVM deutlich ausgebaut haben, gewinnt bei uns gerade das erste Quartal im Vergleich zu den anderen zunehmend an Bedeutung. Und es ist auch durchaus in unserem Sinne, wenn sich auf unserem ambitionierten Wachstumspfad die Bedeutung der Quartale untereinander noch ein wenig angleicht.
Mit einem starken vierten Quartal haben Sie das 2024er-Ziel beim EBIT am Ende ganz oben in der selbstgesteckten Spanne von 85 bis 95 Mio. Euro erreicht. Gleichzeitig wurden die Erlöse dank eines starken Vermögensgeschäfts um knapp 10% auf 1,067 Mrd. Euro gesteigert.
Was waren die Treiber dafür, dass das EBIT-Wachstum 2024 mit stolzen 34,4% das Umsatzwachstum so klar übertraf?
Auf der Umsatzseite sind wir 2024 im Leistungsbereich Vermögen besonders stark gewachsen, dazu zählen vor allem unser Vermögensmanagement und das Zinsgeschäft. Im Vermögensmanagement haben wir auch hohe erfolgsabhängige Vergütung erzielt – dieser Teil unseres Geschäfts ist besonders ergebniswirksam. Erfolgsabhängige Vergütungen sind aber schlecht planbar, weil sie von der Entwicklung am Kapitalmarkt abhängen. Unser Fokus liegt daher darauf, dass wir unser bereits breit aufgestelltes und strategisch verzahntes Geschäft insgesamt erfolgreich entwickeln.
Die „wiederkehrenden Erlöse“ kletterten auf 68% – 2005 lagen sie noch bei etwa 30%. Was bedeutet das für die Planbarkeit der künftigen Ergebnisse und gibt es eine „natürliche Obergrenze“, wie stark dieser Anteil noch steigen kann?
So wie wir mit unseren Leistungsbereichen aufgestellt sind, fühlen wir uns bei den wiederkehrenden Erlösen in einem Korridor von 60 bis 70% sehr wohl. Denn es gibt bei uns natürlich auch bestimmte Beratungs- und Vermittlungsleistungen, die marktbedingt mit Einmalvergütungen verbunden sind, beispielsweise die Finanzierungsvermittlung oder größtenteils die Altersvorsorge. Diese gehören natürlich auch zu dem ganzheitlichen und hochwertigen Beratungsangebot für unsere anspruchsvollen Kundinnen und Kunden. Die wiederkehrenden Erlöse spiegeln also unsere in den vergangenen Jahren strategisch weiterentwickelte Aufstellung wider und wir gehen davon aus, dass wir bei der Kennzahl auch in den nächsten Jahren in dem genannten Korridor bleiben können. Und natürlich erleichtert ein solch hoher Anteil wiederkehrender Erlöse auch die Planbarkeit unserer zukünftigen Geschäftsentwicklung. Das ist auch für unsere Investoren sehr bedeutsam.
Sie hatten sich 2022 vier Ziele für Ende 2025 gesetzt:
– einen Umsatz von > 1,1 Mrd. Euro;
– ein EBIT von 100 bis 110 Mio. Euro;
– ein verwaltetes Vermögen von 62 bis 68 Mrd. Euro;
– und Prämien in der Sachversicherung von 730 bis 810 Mio. Euro.
Zwei dieser vier Ziele haben Sie schon Ende 2024 erreicht, also ein Jahr früher. Waren Sie bei der Setzung der Ziele zu konservativ?
Nein – wir waren auch damals ambitioniert, zugleich realistisch. Das sind wir auch heute wieder. Wir sind realistisch, weil wir wissen, was wir erreichen können und welche Wirkung unsere strategisch weiterentwickelte Aufstellung mittlerweile entfalten kann. Ich erinnere mich noch gut daran, dass es Stimmen gab, denen zufolge wir ziemlich optimistisch unterwegs wären, als wir unsere Ziele Anfang des Jahres 2022 kommuniziert hatten.
Was waren die wichtigsten Gründe dafür, dass MLP seine Mittelfristziele schon vorher erreicht hat.
Maßgeblich war und ist die Aufstellung der MLP Gruppe, die wir in den vergangenen Jahren erfolgreich geformt haben. Unser nachhaltiges Wachstum beim betreuten Vermögen und bei den Beständen in der Sachversicherung ist hierfür ein sichtbares Zeichen. Das ganzheitliche Denken vom anspruchsvollen Kunden her und die Aufstellung, die daraus entstanden ist, macht uns so erfolgreich. Außerdem sind natürlich immer die Marktrisiken im Blick zu behalten und ggf. muss man dann auch an der einen oder anderen Stelle nachjustieren. Vor allem im Immobiliengeschäft wehte uns in den vergangenen Quartalen marktbedingt eine ziemlich steife Brise entgegen. Damit konnten wir aber dank unserer breiten Aufstellung umgehen; gleichzeitig hatten wir Risiken im Immobilienentwicklungsgeschäft rausgenommen. In der Immobilienvermittlung haben wir inzwischen auch schon wieder ein deutliches Wachstum erzielt.
Welche dieser Trends bleiben „intakt“?
Wir gehen fest davon aus, dass die langfristigen Trends, die unser Geschäft unterstützen, intakt bleiben. So haben wir eine steigende Zahl von Kunden mit hohem und weiter wachsendem Vermögen. Dies erzeugt einen entsprechenden Beratungsbedarf bei der Anlage. Mit zunehmendem Kundenalter geht es auch darum, Auszahlprozesse für diese zu organisieren. MLP Beraterinnen und Berater stehen hier mit einem entsprechenden Leistungsangebot zur Verfügung, zumal sie bei vielen Kunden als erster Ansprechpartner auch für das Vermögensmanagement längst etabliert sind. Darüber hinaus gibt es noch weitere Trends, die uns unterstützen: In Zeiten fehlender Fachkräfte muss ein Arbeitgeber seine Belegschaft besser an sich binden und gleichzeitig Bewerber anziehen. Der Arbeitgeber muss also etwas mehr als andere zu bieten haben, etwa eine attraktive betriebliche Altersvorsorge. In der MLP Gruppe sind wir dafür gut aufgestellt: Beraterinnen und Berater können dem Kundenbedarf nicht nur im privaten Bereich mit geeigneten Lösungen nachkommen, sondern auch bei Bedarfen in deren Unternehmen. Schließlich das Thema Digitalisierung: Die Veränderungsgeschwindigkeit nimmt weiter zu – und wir haben hier in unserer Branche eine Vorreiterrolle eingenommen. Unsere erfolgreiche Digitalisierungsstrategie mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz wirkt immer stärker unterstützend. Sie bewirkt fortlaufende Effizienzsteigerungen. Und unseren Kunden können wir damit eine nochmals verbesserte Beratung und Betreuung zukommen lassen.
Die Vermögensverwaltung hatte 2023 und 2024 zwei sehr starke Jahre. Sorgen Sie sich davor, dass jetzt auch mal wieder magerere Jahre für ihren größten Geschäftsbereich kommen könnten?
Nein, in unserer neuen Mittelfristplanung sehen wir im Leistungsbereich Vermögen weiterhin großes Potenzial. Unsere Planung fußt auch nicht auf der Performance der Kapitalmärkte, sondern darauf, dass unsere akademischen Kunden aufgrund ihrer Einkommensentwicklungen und Vermögensnachfolgen einen weiter wachsenden Betreuungsbedarf haben. MLP Beraterinnen und Berater stehen ihnen dabei als hochkompetente Ansprechpartner zur Seite. Genauso haben wir bei FERI die Grundlagen für weiteres nachhaltiges Wachstum im Geschäft mit hochvermögenden und institutionellen Kunden gelegt.
Sie haben heute neue „Planungen für 2028“ veröffentlicht. Diese sind, wie Sie uns in unserem letzten Gespräch schon angekündigt hatten, wieder ambitioniert ausgefallen:
– Die Erlöse sollen auf 1,3 bis 1,4 Mrd. Euro steigen;
– das EBIT 140 bis 150 Mio. Euro erreichen;
– das betreute Vermögen auf 75 bis 81 Mrd. Euro klettern;
– und der Bestand in der Sachversicherung auf 1,0 bis 1,1 Mrd. Euro steigen.
Die neuen Ziele legen nahe, dass das Erlöswachstum weiter auf dem hohen Niveau der Vorjahre bleiben soll (etwa 5 bis 7% Wachstum pro Jahr), das EBIT (Wachstum von 10 bis 12% pro Jahr) aber weiterhin überproportional zulegen soll. Stimmt unsere Kalkulation?
Sie haben Recht, die Wachstumsraten insbesondere beim EBIT bleiben weiterhin ambitioniert. Dabei haben wir Grund, optimistisch zu sein, dass wir unsere Marge ausweiten können. Nicht zuletzt durch die zunehmende Digitalisierung und durch interne Prozessveränderungen erreichen wir zukünftig weitere Kostenvorteile. Natürlich setzt dies weiterhin ein konsequentes Kostenmanagement voraus.
Beim betreuten Vermögen ist die erwartete Wachstumsrate mit etwa 4 bis 6% p.a. nicht mehr so stark wie in den vergangenen vier Jahren (10% p.a.). Bei den Prämien in der Sachversicherung gehen Sie dagegen von einem zweistelligen Wachstum von 7 bis 10% p.a. aus, leicht schwächer als in der Vergangenheit (14%)?
Beim betreuten Vermögen hatten wir in den vergangenen Jahren ein Wachstum sowohl aus Zuflüssen als auch aus der Performance der Kapitalmärkte. In unserer Planung gehen wir konservativ vor und kalkulieren nur mit weiteren Zuflüssen. Was die Prämien in der Sachversicherung angeht: Wir haben diese im Jahr 2024 nur relativ leicht gesteigert. Das kam nicht überraschend, sondern wie von uns prognostiziert. Hintergrund waren ein starkes Vorjahr sowie eine erfolgte Bereinigung unseres Bestands um margenschwache Verträge. Dies im Blick dürfte das Wachstum angesichts unserer großen Potenziale in den kommenden Jahren wieder stärker sein.
Der Finanz- und Versicherungsmarkt wird immer kompetitiver – was unterscheidet MLP heute von anderen großen Playern?
Wir verfügen über eine einzigartige und strategisch entwickelte Aufstellung als MLP Gruppe, in der wir gehobene Familienkunden, Firmenkunden sowie institutionelle Kunden betreuen. Vergleiche mit Wettbewerbern, die wir in einzelnen Feldern haben, fallen vor diesem Hintergrund schwer. Vielmehr ergibt sich für unsere Gruppe besonderes Potenzial aus der Rolle des MLP Beraters. Denn dieser kann unter Einbeziehung von Spezialisten aus der MLP Gruppe eben auch Lösungen für Unternehmen bieten.
Wie bewertet MLP die FIDA-Initiative? Sehen Sie darin eher Risiken oder Chancen für Ihr Geschäftsmodell?
Wir haben in letzter Zeit so viele, manchmal auch gut gemeinte Regulierungen gesehen, die aber in ihrer Fülle und oft auch in ihren bürokratischen Anforderungen über das Ziel deutlich hinausschießen. Der Markt wartet nicht unbedingt schon wieder auf die nächste Regulierung. Wenn FIDA aber kommen sollte, sehen wir für unser Geschäftsmodell durchaus Vorteile – im Unterschied zu Versicherern oder Banken. Denn was FIDA erreichen will, bieten wir unseren Kunden bereits. Wir verwalten rund fünf Millionen Verträge mit einer Vielzahl von Versicherungen und Banken. Dabei bieten wir unseren Kunden heute schon eine komplette Übersicht, vom Konto über das Depot bis zur Lebens- und Sachversicherung.
Herr Loose, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Das Interview wurde am 13.3.2025 geführt.
Unsere aktuelle Analyse zu MLP finden Sie hier.
Das Interview mit Reinhard Loose vom 15. November 2024 finden Sie hier.