Deutschland wird auch diese Krise erfolgreich meistern

Erinnern Sie sich nur mal an die 1990er-Jahre. Nach dem Wiedervereinigungsboom geriet die Bundesrepublik in einen Reformstau, der die Arbeitslosenquote 1993 auf fast 10% katapultierte und die Staatsfinanzen erheblich belastete. 1995 erreichte das Haushaltsdefizit beinahe zweistellige Werte. Paradox: Die Börsen stiegen damals bis zur Jahrtausendwende, maßgeblich getrieben vom großen Interesse an Internetaktien. Die „Old Economy“ hingegen wurde belächelt und war nicht konkurrenzfähig. Erst mit der Reformagenda 2010 unter dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder erlangte Deutschland dann auch die dringend benötigte Wettbewerbsfähigkeit zurück und erlebte über ein Jahrzehnt lang positives Wachstum. Heute leidet das Land wieder unter massivem Reformstau. Die Wachstumsraten von BIP und dessen Motor Export sind das zweite Jahr in Folge negativ (siehe Chart). Erneut wird Deutschland als der „kranke Mann Europas“ bezeichnet.
Doch der Schein trügt. Während energieintensive Sektoren wie Metall und Chemie leiden und das produzierende Gewerbe insgesamt seit 2020 stagniert, haben Unternehmen erfolgreich in höherwertige Produkte umgeschichtet. Gleichzeitig ist Deutschland führend in wachstumsstarken Bereichen wie grüner Technologie (Kraftwerke, intelligente Netze, Ladetechnik), Luftfahrt und elektronischen Komponenten, wie der IWF analysiert hat. Dies wäre ohne jahrzehntelange Ingenieursexpertise nicht möglich gewesen.
Hinzu kommt eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur mit starken Sektoren wie Telekommunikation und IT (Deutsche Telekom, SAP), Rüstung (Rheinmetall, Airbus), Energie (Siemens Energy) und Versicherungen (Allianz, Munich Re), die die Wirtschaft widerstandsfähiger macht, nicht zu vergessen der starke Mittelstand.
In wenigen Tagen wird gewählt. Deutschland ist bereit für wieder mehr Wachstum und Produktivität. Beim Blick auf die Börse, so scheint es, glauben seit kurzem auch die Investoren daran. Jetzt fehlt nur noch der politische Wille, um die nötigen Reformen anzustoßen.