Bauzeitverzögerung und Schadensbewertung bei Großprojekten

Die Mehrzahl von Großprojekten in Deutschland leidet während des Baus unter teils erheblichen Verzögerungen und ausufernden Kosten. Bekannte Beispiele sind die vor kurzem eröffnete Elbphilharmonie, die nach ursprünglichen Planungen aus dem Jahr 2001 bereits 2010 hätte eröffnet werden sollen, oder der Berliner Flughafen, seit 2006 im Bau und bereits jetzt mehr als doppelt so teuer wie in der ursprünglichen Kostenplanung von unter 2,5 Mrd. Euro zunächst vorgesehen.

In den USA wurde die Anderson Bridge in Bosten von 2012 an vier Jahre lang repariert, mit immer neuen Verzögerungen. Sie wurde ursprünglich 1912 innerhalb von nur 11 Monaten erbaut. Vergleichbare Probleme sind keineswegs neu. So brauchte der Bau des Kölner Doms bis zur Fertigstellung im Jahr 1880 über 600 Jahre, einschließlich einer über 300-jährigen Bauunterbrechung. Allerdings häufen sich in einer überdurchschnittlich wachsenden Branche die aktuellen Beispiele von Bauzeitverzögerungen. Sean Fishlock, Heiko Ziehms, und Abigail Harris, Experten für Infrastrukturprojekte und Schadensberechnung beim international tätigen Beratungsunternehmen Berkeley Research Group (BRG), kommentieren im Folgenden die Komplexität der Schadensbewertung bei Rechtsstreitigkeiten rund um das Missmanagement am Bau.

Große Infrastrukturprojekte besonders anfällig
Bauzeitverzögerungen betreffen eine Vielzahl von Branchen und Projekten: neben Konzerthallen, Flughäfen und Brücken auch Offshore-Windparks, Bahnhöfe, Schleusen, Straßen, U-Bahnen und eine breite Palette weiterer Infrastrukturprojekte. Im besten Fall geht ein Projekt mit Verzögerung an den Start, im schlimmsten Fall führen Probleme zum dauerhaften Stillstand oder sogar zur Aufgabe des Bauvorhabens. Die Gründe für Verzögerungen und andere Probleme in der Bauphase sind vielfältig. Sie reichen von unrealistischen anfänglichen Kostenschätzungen oder Anforderungen an den Zeitplan in der Ausschreibungsphase, über das Projekt-Management, insbesondere von komplexen Schnittstellen mit Unterauftragnehmern, bis hin zu Problemen mit Zulieferern, Mängeln beim Projektcontrolling und komplexen regulatorischen Auflagen, die ebenfalls zu Verzögerungen im Ablauf führen.

Komplexität von Rechtsstreitigkeiten
Wenn Problemprojekte zu Rechtsstreitigkeiten führen, stellen sich häufig komplexe Fragen der Schadensbewertung. Schaden wird vielfach als die Differenz zwischen den wirtschaftlichen Ergebnissen des tatsächlichen (verzögerten) Projektverlaufs und eines hypothetischen Kausalverlaufs bemessen, in dem das Projekt planmäßig verlaufen und kein Schaden entstanden wäre. In diesem Zusammenhang kommt dem so genannten kritischen Pfaden des Projektverlaufs Bedeutung zu. So stellt sich zum Beispiel die Frage, wie Faktoren, die zu einer Verzögerung in einem Abschnitt eines Bauprojekts führen, nachfolgende Projektphasen beeinflussen. Wenn Verzögerungen in verschiedenen Projektabschnitten und aus unterschiedlichen Gründen auftreten (z. B. Zuliefererprobleme, verbunden mit Änderungen von Sicherheitsstandards), ergeben sich bei der Schadensberechnung komplexe Szenarien. Für die Schadensbewertung ist in diesen Fällen ein tiefes technisches Verständnis des Projekts, verbunden mit einem finanzwirtschaftlichen Bewertungsinstrumentarium und dem Verständnis für Bilanzierungsfragen von langfristigen Fertigungsaufträgen, notwendig. Diese unterschiedlichen Kompetenzen effizient zu kombinieren, macht eine gute Sachverständigentätigkeit an der Schnittstelle von Bauverzögerung und Schadensbewertung aus.

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