Nach EuGH-Urteil – Arbeitgebern drohen saftige Nachzahlungen zur Urlaubsabgeltung
Das Risiko für Arbeitgeber, Vergütung für Urlaubsansprüche an Beschäftigte zahlen zu müssen, ist durch ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 29.11.17 (Az.: C2 114/16) wieder erhöht worden. „Dies gilt insbesondere für solche Unternehmen, die Arbeitnehmer als Scheinselbstständige beschäftigen“, erläutert Amelie Bernardi, Anwältin der Kanzlei FPS.
Hier riskiert der Arbeitgeber nämlich nicht nur das Nachzahlen von Sozialversicherungsbeiträgen. Hinzu kommt jetzt auf Grund der neuen EuGH-Entscheidung das Risiko, für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses den bisher nicht gewährten vierwöchigen Mindesturlaub nachträglich dem Arbeitnehmer zu ermöglichen oder – wenn der Arbeitnehmer den Urlaub z. B. wegen Ausscheidens aus dem Unternehmen nicht mehr nehmen kann – diesen Urlaubsanspruch zu vergüten. Kurz: Auf Arbeitgeber könnten saftige Nachzahlungen zur Urlaubsabgeltung zukommen.
Konkreter Bezugspunkt des EuGH-Urteils war ein Fall aus England. Ein Mann hatte dort 13 Jahre als angeblich Selbstständiger auf Provisionsbasis gearbeitet. Dabei hatte er nicht den gesamten, ihm nach europäischem Recht zustehenden vierwöchigen Urlaub pro Jahr genommen. Wenn er Urlaub nahm, hatte ihm der Arbeitgeber keine Vergütung gezahlt. Der EuGH vertrat – wie bereits zuvor die englischen Arbeitsgerichte – die Auffassung, der Verkäufer sei nicht als Selbständiger, sondern als Arbeitnehmer tätig gewesen und sprach ihm für die gesamten 13 Jahre entsprechende Urlaubsvergütung zu, insgesamt fast 28 000 Pfund.
„Anders als bei der bekannten Rechtsprechung zu den Fällen lang andauernder Erkrankung sah der EuGH in diesem Rechtsstreit keinen Anlass, die Urlaubsansprüche auf 15 Monate nach Ablauf des anspruchsbegründenden Urlaubsjahres zu begrenzen“, so Bernardi weiter. „Er forderte auch nicht, dass der Arbeitnehmer die vier Wochen Urlaub tatsächlich hätte nehmen müssen.“ Es sei nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer den vierwöchigen Mindesturlaub zunächst nehmen oder ihn einfordern müsse, um später mit dem Arbeitgeber zu klären, ob diese Urlaubszeit auch bezahlt werde.
Die Unsicherheit sei durchaus ein Grund, Urlaub nicht zu nehmen, argumentierte der EuGH. Ferner entschied das Gericht, dass die Ansprüche des Arbeitnehmers nicht verfallen, wenn der Arbeitgeber nicht bereit gewesen war, den Urlaub zu bezahlen. Der Arbeitgeber bleibe vielmehr für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses zur Gewährung nicht genommenen Urlaubs bzw. dessen nachträglicher Abgeltung verpflichtet.
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