SE-Gründung fördert europäische Integration der Arbeitnehmer
"Vor dem Wechsel der Rechtsform in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) steht ein europaweites Wahlverfahren. Alle Arbeitnehmer sind aufgefordert, ein besonderes Verhandlungsgremium (BVG) zu wählen. Mit diesem verhandelt das Unternehmen über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE. Schon die Wahl des BVG ist eine rechtliche und logistische Herausforderung."
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Alle europäischen Arbeitnehmer sind in ihrer Landessprache über die SE-Gründung zu informieren und per Brief zur Wahl des BVG aufzufordern. „Die einzelnen Länder haben die SE-Richtlinie unterschiedlich umgesetzt. Es ist daher für jedes Land zu prüfen, wer auf Arbeitnehmerseite zu informieren ist und wie die Wahl der BVG-Mitglieder erfolgt“, erklärt Marc Müller, Partner der internationalen Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing. Die Sozietät hat soeben die Germanischer Lloyd AG mit über 3 100 Mitarbeitern in 29 europäischen Ländern bei der Umwandlung zur SE beraten. Während in Deutschland der Konzernbetriebsrat die deutschen Mitglieder des BVG bestimmt, können dies in Italien auch Gewerkschaften sein. In den meisten Ländern sind die Arbeitnehmer anzuschreiben, die dann mittels einer Urwahl die BVG-Mitglieder wählen. Bei einem europaweit vertretenen Unternehmen setzt sich das BVG aus über 30 Mitgliedern zusammen. Für die Arbeit des BVG werden daher zahlreiche Dolmetscher benötigt.
„Das Unternehmen kann mit dem BVG die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE weitgehend frei verhandeln“, erklärt Müller. Der Gesetzgeber sorgt dabei für Zeitdruck. Gibt es nach sechs Monaten keine Einigung, richtet sich die Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem Gesetz, das jedoch oftmals für beide Parteien nicht optimal ist. Verhandelt wird mit dem BVG über die Ausgestaltung eines europäischen Betriebsrats mit Informations- und Anhörungsrechten zu europäischen Themen und über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. „Das vorherige Mitbestimmungsniveau im Aufsichtsrat bleibt in der SE erhalten. Die Seite der Arbeitnehmervertreter wird jedoch internationalisiert, da in der Regel mindestens ein Arbeitnehmervertreter aus dem europäischen Ausland kommt“, erklärt der Anwalt. Diese arbeitsrechtlichen Schritte zur SE-Gründung sind der Beginn der konzernweiten europäischen Integration. Die Arbeitnehmer müssen sich europaweit verständigen und möglichst eine länderübergreifende, nicht allein an nationalen Interessen orientierte Sichtweise entwickeln. „Das ist auch für den Konzern ein spannender Prozess“, so Müller.
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