Fallstricke bei der Rekommunalisierung

"Seit einigen Jahren ist in der Energiewirtschaft ein Trend zur Rekommunalisierung festzustellen, z.B. durch die erneute Übernahme des Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Für die konkrete Ausgestaltung der Rekommunalisierung stehen verschiedene Modelle zur Verfügung. So kann die Konzession an eine Gesellschaft in privater Rechtsform, die von der Kommune allein kontrolliert wird, oder an eine Gesellschaft in Form einer öffentlich-rechtlichen Partnerschaft vergeben werden. Die Suche nach einem strategischen Partner für eine kommunale Netzgesellschaft sowie die anschließende Konzessionsvergabe führen in der Praxis jedoch häufig zu rechtlichen Problemen, wie Hans-Christoph Thomale von FPS Rechtsanwälte & Notare erläutert."

Mit dieser Problematik setzte sich jüngst das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Beschluss vom 9.1.13 (OLG; VII-Verg 26/12) auseinander. Das Gericht entschied, dass die Suche nach einem strategischen Partner in einem von der Konzessionsvergabe getrennten Verfahren durchgeführt werden kann. Dabei gelten für beide Verfahren unterschiedliche rechtliche Anforderungen. Hintergrund des Rechtsstreits war die Gründung einer kommunalen Netzgesellschaft durch mehrere Gemeinden, die sich an einer Konzessionsvergabe beteiligen sollte. Um ihre Chancen hierfür zu verbessern, wollte die Netzgesellschaft im Wege einer Minderheitsbeteiligung einen strategischen privaten Partner aufnehmen, der beim Netzbetreib kaufmännische und technische Aufgaben übernehmen sollte. In dem durchgeführten Vergabeverfahren entschieden sich die an der Netzgesellschaft beteiligten Gemeinden gegen den aktuellen Konzessionär und für ein drittes Energieversorgungsunternehmen, das u. a. bestimmte Renditen zusagte. In einem zweiten Schritt leiteten die Gemeinden das Konzessionsvergabeverfahren ein. Der aktuelle Konzessionär wertete die Suche nach einem strategischen Partner als Vorfestlegung des Konzessionärs bei der späteren Konzessionsvergabe und monierte ferner, dass die Bedingungen für die Konzessionsvergabe nicht bekannt gewesen seien. Auch beanstandete er, dass das Vergabeverfahren durch das finanzielle Interesse der Gemeinden geprägt gewesen sei, was einen Verstoß gegen energierechtliche Vorgaben darstelle.

Bestimmungsfreiheit der Gemeinde

Der Auffassung des aktuellen Konzessionärs folgte das OLG Düsseldorf nicht. Vielmehr unterliegt nach Auffassung des Gerichts die Entscheidung für ein einheitliches oder ein zweistufiges Verfahren zur Vergabe von strategischer Partnerschaft und Konzession grundsätzlich der Bestimmungsfreiheit der Gemeinde. Die Ausübung dieses Rechts sei nicht zu beanstanden, sofern sachlich gerechtfertigte Gründe vorliegen, die eine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung von Bewerbern, und zwar allein wegen der Trennung der Verfahren, ausschließen. Eine lediglich vermutete Voreingenommenheit der Gemeinde bei der späteren Vergabe der Konzession reiche nicht aus, um einen Eingriff bei der Wahl des strategischen Partners vorzunehmen.

Sofern sich die Gemeinden für ein zweistufiges Verfahren entscheiden, unterliegen die Verfahrensstufen unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen. Bei der „Beschaffung“ eines strategischen Partners (1. Stufe) ist eine Ausschreibungspflicht nach Vergaberecht notwendig, sofern der Schwellenwert erreicht ist. Hier darf das finanzielle Interesse der Gemeinde berücksichtigt werden. Bei der Vergabe der Konzession (2. Stufe) sind die energierechtlichen Vorgaben – u. a. eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Energieversor-gung – zu beachten. Dies schließt eine überwiegende Berücksichtigung finanzieller Interessen der Gemeinden aus. Die verschiedenen gesetzlichen Zielsetzungen können zwar auch zu einer einheitlichen Ausschreibung verbunden werden. Dadurch werde das Verfahren nach Ansicht des OLG jedoch mit noch mehr rechtlichen Unklarheiten belastet, als bei einer getrennten Auftragsvergabe ohnehin schon bestehen. Auch führt eine einheitliche Ausschreibung im Fall einer Nachprüfung zu einem gespaltenen Rechtsschutz, da im Vergabeverfahren ein Rechtsschutz vor den Vergabenachprüfungs-instanzen und bei Konzessionsvergaben vor den Zivilgerichten vorgesehen ist. Abschließend stellt das OLG Düsseldorf klar, dass eine Konzessionsvergabe in keinem Fall in Form einer so genannten Inhouse-Vergabe erfolgen darf.

Keine Bevorzugung kommunaler Betriebe zulässig

Für die Kommunen ist die Entscheidung des OLG Düsseldorf interessant, da es diesen ein Wahlrecht bei der Gestaltung der Verfahren zuspricht. Allerdings wird ein zweistufiges Verfahren in der Anwendung praktikabler sein, da beide Vergabeentscheidungen ohnehin sauber zu trennen sind. Eine einheitliche Vergabe birgt hingegen das Risiko, dass an sich zulässige Kriterien nach dem Vergaberecht zu einer unzulässigen energierechtlichen Konzessionsvergabe führen. Es wäre allerdings falsch, aus dem Beschluss des OLG zu folgern, dass eine Bevorzugung kommunaler Unternehmen bei der Konzessionsvergabe zulässig wäre. Vielmehr setzt sich die Entscheidung ausführlich mit der Notwendigkeit von Wettbewerb und der Gleichbehandlung aller Bewerber auseinander. Die Richter betonten, dass unabhängig von der Verfahrensgestaltung in jedem Fall eine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung von Bewerbern ausgeschlossen sein muss. Eine willkürliche Bevorzugung von kommunalen Betrieben ist insofern stets zu vermeiden.

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