Krypto-Skepsis im Bankensektor beginnt zu bröckeln
Dass die etablierte Finanzbranche nicht viel von Bitcoin & Co. hält, dürfte niemanden überraschen. Rd. 52% Zustimmung zu dem Satz „Kryptowährungen sind reine Spekulationsobjekte ohne inhärenten Wert, das wurde jetzt klar“ lassen sich entweder als klare Absage an digitale Abenteuer interpretieren – oder als erstaunlich milde Reaktion.
Immerhin knapp 40% der Teilnehmer an einer aktuellen Umfrage des Frankfurter Center for Financial Studies (CFS) bei Finanzinstituten und deren Dienstleistern sehen die Krypto-Implosion der vergangenen Monate nämlich positiver, entweder als „überfällige und gesunde Korrektur“ oder schlicht als Neubewertung wegen steigender Zinsen. Ähnlich stark ist diese Minderheit, wenn nach der Zukunft von Kryptowährungen als Wertaufbewahrungs- und Zahlungsmittel gefragt wird. Etwa 60% winken ab, aber gut ein Drittel sieht durchaus Chancen.
Noch sind die Hürden allerdings hoch, wie nach dem Regulierungs-Rundumschlag der EU mit der MiCA-Richtlinie auch der Baseler Ausschuss in den Konsultationen zu neuen Standards klarmachte. Wenn die Aufseher ihren strengen Blick auf Krypto-Geschäfte von Banken nicht noch ändern, müssen riskantere Krypto-Engagements künftig voll mit Eigenkapital unterlegt werden und bleiben außerdem auf 1% des Kernkapitals begrenzt. Mehr F&E-Investition als rentierliches Investment, mit anderen Worten – jedenfalls wenn es ums Eigengeschäft geht.
Raus aus der Schmuddelecke
Anders könnte es bei Krypto-Handel und anderen Dienstleistungen im Kundenauftrag aussehen. „Der Handel mit Krypto-Assets bewegt sich, auch wegen der zunehmenden Regulierungsdichte, langsam heraus aus der Schmuddelecke“, beobachtet Fedja Hilliger, Partner bei der Berliner Bank- und Finanzrechtsboutique Lindemann Schwennicke. Dass manche Institute der Krypto-Welt noch recht skeptisch gegenüberstehen, sieht er nicht in erster Linie durch regulatorische Hürden begründet. „Kreditinstitute sind in mehreren Punkten klar im Vorteil: Sie sind KWG-reguliert und verfügen über entsprechende Strukturen“, erläutert der Regulierungspezialist. Eine Erlaubnis für die Kryptoverwahrung ist damit möglich, Wertpapierinstituten bleibt diese verschlossen. Wenn eine Erlaubnis für das Depotgeschäft vorliegt, dürften Banken auch ‚echte‘ elektronische Wertpapiere verwahren, so Hilliger.
Komplikationen könnten dagegen bei den technischen Voraussetzungen lauern, auch die eingefahrenen Strukturen zur Geldwäschebekämpfung müssten mehr oder minder aufwändig angepasst werden. Auch dass die etablierte Finanzindustrie so einfach Krypto-Spezialisten finden und binden kann, ist nicht gesagt. Manche lösen das Problem darum gleich per Zukauf wie Hauck Aufhäuser Lampe, die 2021 den Kryptoverwahrer Kapilendo schluckte.
Warten auf digitales Zentralbankgeld
Das Mutterschiff des Baseler Ausschusses, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), widmete Krypto-Themen in ihrem letzten Jahres-Wirtschaftsbericht sogar ein ganzes Kapitel. Die aktuell existierenden Kryptowährungen, so die BIZ-Experten, erfüllten „keine der grundlegenden Funktionen von Geld“. Die Erwartung, auf digitalen Krypto-Plattformen seien Transaktionen billiger und transparenter, habe sich nicht bewahrheitet. Vielmehr lauerten dort hohe Betrugs- und Geldwäscherisiken. Die Lösung liegt für die BIZ auf der Hand: digitales Zentralbankgeld. Darauf allerdings wird der Markt erst noch ein bisschen warten müssen.
ARTIKEL DIESER AUSGABE
Übernahmerecht – Kleine Änderung, grosse Wirkung
Stada steckte fest, Linde und Osram ebenso, zuletzt auch Deutsche Wohnen. Wenn öffentliche Übernahmeangebote an der Mindestannahmeschwelle hängenbleiben, die die Bieter vorab festlegen,... mehr
Leveraged Finance – Spielt die Zeit den Kreditfonds in die Hände?
Viele Private Equity-Transaktionen muss man sich momentan wohl wie einen zähen Western-Showdown vorstellen: Alle lauern, keiner zieht. Während vor der Sommerpause in normalen (Boom-)Jahren... mehr
EZB heizt Banken mit Klimastresstest ein
Bevor die Ergebnisse des ersten EZB-Klimastresstests bekanntgegeben wurden, zeigte sich die Branche noch demonstrativ entspannt. Man rechne mit „unauffälligen“ Ergebnissen, erklärte... mehr
Shearman & Sterling wechselt deutsche Finance-Partner durch
Die Finanzierungspraxis bei der US-Kanzlei Shearman & Sterling ist in Bewegung: Florian Ziegler wechselt als neuer Partner von White & Case, dafür verabschiedet sich der langjährige... mehr
Barckhaus startet mit Partnern von Buse, Lachner und BTU
Sechs Partner aus verschiedenen Frankfurter Kanzleien gehen zum August mit der neuen Einheit Barckhaus an den Start. mehr
Annerton stärkt Compliance-Praxis mit Quereinsteiger
Mit einem Neuzugang auf Partnerebene baut die auf Aufsichtsrecht spezialisierte Kanzlei Annerton ihr Beratungsangebot im Bereich Compliance weiter aus. mehr
Orrick gewinnt weiteren neuen Partner für deutsche PE-/VC-Praxis
Die US-Kanzlei Orrick baut ihre deutsche Beratungspraxis bei Private Equity und Venture Capital weiter aus. Zum 1. Juli hat sich Damien Simonot dem Münchener Büro als Partner angeschlossen,... mehr
Sernetz Schäfer-Partner Düchs macht sich selbstständig
Uwe Düchs, seit 2006 Partner im Münchener Büro von Sernetz Schäfer, hat gemeinsam mit zwei jungen Kollegen die Spin-off-Kanzlei Düchs Legal gegründet. mehr
BDO holt erfahrene Wirtschaftsprüferinnen an Bord
Zum Start des neuen Geschäftsjahrs zum 1. Juli begrüßt die deutsche BDO-Gruppe zwei Neuzugänge auf Partnerebene im Team. mehr
Kurz und kompakt – Spannende Mandate im Juli 2022
Milliardendeal im Infrastruktursektor, ein Asset Manager mit neuer BaFin-Lizenz, ein Berliner Startup in französischer Hand – Die spannendsten Deals des Monats hier übersichtlich... mehr