Eurasien – Spannende Perspektiven
Wirtschaftlicher Ausblick sehr heterogen _ Die unter russischer Ägide gegründete Eurasische Entwicklungsbank (EDB) hat ihren turnusmäßigen makroökonomischen Ausblick veröffentlicht. Der Schwerpunkt liegt naturgemäß bei den Mitgliedsländern Russland, Kasachstan, Armenien, Belarus, Kirgisistan und Tadschikistan.
Die Analysten gehen davon aus, dass die Weltwirtschaft im zu Ende gehenden Jahr den Höhepunkt der Erholung überschritten hat und sich das globale BIP-Wachstum verlangsamt: Auf 4% Zuwachs im laufenden sollen demnach 2,9% im kommenden Jahr und 2,4% in 2023 folgen. Der globale Inflationsdruck wird vergleichsweise hoch bleiben, aber langsam nachlassen, sobald die weltweiten Nachfrageüberhänge und Angebotsstörungen abgebaut sind. Nach Einschätzung der EDB haben die Volkswirtschaften des Berichtsgebiets Mitte des Jahres das Niveau vor der Pandemie erreicht und werden es per Jahresende um etwa 1% übertreffen. Die Erholung wurde durch die wachsende globale Nachfrage und die steigenden Preise für die wichtigsten Exportgüter der Region unterstützt.
Der Ausblick weist auf eine ungleichmäßige Erholung hin. In Kasachstan, Russland, Belarus und Tadschikistan hat das BIP sein vor der Pandemie erzieltes Niveau bereits überschritten, während Armenien und Kirgisistan dies noch nicht geschafft haben. Für diese beiden Staaten gelten Sonderfaktoren: In Kirgisistan hat die stark umstrittene Verstaatlichung der Kumtor-Mine (v. a. Gold) zu einem scharfen Einbruch geführt, weil das Land im Gefolge des Streits mit dem bisherigen Eigentümer, dem kanadischen Centerra-Konzern, vom internationalen Goldhandel ausgeschlossen wurde und daher eine wichtige Quelle für Exporterlöse verloren hat. Hier ist der Abstand zu den Prognosen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) besonders groß: Den Schätzungen von 2,5% und 5% für 2021/22 stehen 3,7% und 4,5% seitens der EDB gegenüber. Für Armenien macht der bewaffnete Konflikt mit Aserbaidschan alle Prognosen zum Glücksspiel (EDB: 4,5% und 4,8%; EBRD: 5% und 5,3%). Für die größte zentralasiatische Republik Kasachstan ist die EBRD mit 3,6% und 3,8% ein wenig skeptischer gegenüber 3,8% und 4,2% bei der EDB für die beiden Jahre. Das dürfte v. a. an der etwas vorsichtigeren Schätzung der Corona-Folgen liegen. Demgegenüber wird Russland bei der EDB mit 4,1% und 2,8% gegenüber 4,3% und 3% bei der EBRD für 2021/22 etwas schwächer geschätzt.
Ein zentrales Problem für die ganze Region bleibt die Korruption. Armenien auf Rang 60 und Kasachstan auf 94 sind gemessen an der Einstufung durch Transparency International die „saubersten“ Staaten der EDB. Peinlich, aber wahr: Russland wird auf Platz 129 im schmutzigsten Drittel der Welt geführt. Allerdings gibt es in Kasachstan und dem Nicht-EDB-Staat Usbekistan beachtliche Anstrengungen, dieses Problem zu überwinden. Diese beiden Staaten sind dank ihrer umfassenderen Reformbemühungen und lokaler Titel aus den Bereichen Rohstoffe, Telekom und Banken für langfristig orientierte Anleger interessant.
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