Israel – Die Kosten des Krieges
Die Bank of Israel sah sich gezwungen, mit rd. 30 Mrd. US-Dollar aus den Devisenreserven zu intervenieren, um die Währung zu stützen. Die Prämien für Credit Default Swaps zur Absicherung der Schulden des Landes gegen Zahlungsausfälle verdoppelten sich innerhalb weniger Tage.
Die Wirtschaft leidet stark unter drei verschiedenen Belastungen. Erstens entstand ein schlagartiger Mangel an Arbeitskräften durch die Mobilisierung. Innerhalb weniger Tage verloren die Unternehmen 8% der Arbeitskräfte des Landes, mehr als beim Ausbruch des Jom Kippur-Kriegs 1973. Bei den Reservisten handelt es sich um den Kern des Arbeitsangebots, die produktivsten Arbeiter Israels. Israels Armee stützt sich auf hoch technisierte Ausrüstung und benötigt daher gerade die kompetenteren Arbeitskräfte aus den technischen Berufen. Diese sind statistisch produktiver als im OECD-Durchschnitt; im Gegensatz dazu ist die Produktivität der übrigen Wirtschaft Israels um 40% geringer.
Die NGO Start-Up Nation schätzt, dass ein Zehntel der Techniker einberufen wurde. Daraus könnte sogar ein harter Rückschlag für Israels Hightech-Sektor erwachsen. Gerade Technologiefirmen sind durch den Abgang der qualifizierten, jüngeren Kräfte betroffen und teilweise lahmgelegt. Zudem gilt der Arbeitskräftemangel auch für die gering qualifizierten Jobs, die von Palästinensern aus dem Westjordanland erledigt werden. Das Westjordanland ist zumindest für die arabische Bevölkerung weitgehend abgeriegelt.
IWF und Weltbank identifizierten schon im Nachgang der zweiten Intifada vor 20 Jahren die Aussperrung palästinensischer Arbeitskräfte aus Israel als effektive Wachstumsbremse für Israel selbst, die mehrere Prozentpunkte des BIP kostet. Das könnte die Investoren veranlassen, den unsicheren Verhältnissen den Rücken zu kehren und das Kapital (und damit Arbeitsplätze) namentlich in die USA, aber auch in andere Standorte abzuziehen. Mit dem aktuellen Krieg hat die Hamas paradoxerweise das von der israelischen Rechten immer wieder erklärte Ziel vermutlich realisiert, eine Zwei-Staaten-Lösung zu verhindern.
Damit bleiben neben dem Erhalt des Status quo nur unmögliche Optionen wie die offene Annexion der besetzten Gebiete durch Israel, ob mit Zuerkennung der Staatsbürgerschaft an die arabische Bevölkerung oder deren Vertreibung. Ebenso wenig vorstellbar ist die Rückgabe der Gebiete an Jordanien und Ägypten. Als Alternative bleibt dann allerdings nur die Fortsetzung des Krieges, was Kapital und Know-how aus dem Land treiben dürfte. mk
Die Aussichten für die israelische Wirtschaft haben sich mit diesem Krieg auch langfristig deutlich verschlechtert. Wie sehr die mobilen Hightech-Firmen in Mitleidenschaft gezogen werden, bleibt abzuwarten.